Danke für nichts – schafft Alternativen zur institutionellen Leere!

Student*innen kommen an die Hochschule, um zu lernen. Dabei steht für die Hochschule das Interesse der Studierenden an bestimmten Lehrinhalten auf keinen Fall an erster Stelle. Bildung im Kapitalismus steht permanent unter dem Zwang sich zu flexibilisieren. Drittmittel müssen eingeworben werden, Studierende für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden und der nächste Exzellenzcluster steht in den Startlöchern, um den Ruf der Institution zu verbessern, öffentliche oder private Mittel einzuwerben und den Standort voranzubringen.
Deswegen wissen auch alle an der Hochschule: Kohle ist nie genug da. Also wird rationalisiert, gespart und gekürzt, was das Zeug hält.
Hochschulen sind zu outputorientierten Dienstleistungsunternehmen verkommen, deren Ziel es ist, möglichst schnell verwertbare Arbeitskräfte zu produzieren. Die horizontalen Entscheidungsstrukturen, welche noch in der Tradition der akademischen Selbstverwaltung standen, mussten zentral angelegten Managementstrukturen weichen, Hochschulräte verkoppeln hochschulinterne Prozesse mit wirtschaftlichen Ansprüchen, durch wettbewerbspolitische Leistungsindikatoren wird mittlerweile die Ressourcenverteilung geregelt, die Hochschulen sind flächendeckend unterfinanziert und sind auf die Einwerbung weiterer, teils privatwirtschaftlicher, Mittel angewiesen. Das emanzipatorische Erkenntnisinteresse zugunsten des Allgemeinwohls der Gesellschaft musste also auch hier einem profitorientierten Verwertungsansatz weichen.
Dem fallen dann oft Lehrinhalte und Fachbereiche zum Opfer, die nicht mehr „zeitgemäß“ sind, nicht der aktuellen Ausrichtung des Studiengangs oder des Institutes entsprechen oder eben nicht genug Drittmittel versprechen. Aus diesem Grund schließen sich vielerorts Studierende zusammen, um ihre Lehre selber und nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Denn um sich aus Zwängen und Herrschaftsverhältnissen zu befreien, ist es nur konsequent, dass Studierendenschaften es ermöglichen, Bildung auch ohne Creditpoints und Notendruck wahrzunehmen. Für diese Lehrveranstaltungen sind viele didaktische Konzepte denkbar. Von Einzelveranstaltungen über semesterbegleitende regelmäßige Veranstaltungen bis zum jährlich vom fzs initiierten stattfindenden festival contre le racisme. Darum ruft der fzs die Studierendenschaften dazu auf, selbstorganisierte, studentische Lehrangebote zu ermöglichen und sich an der fzs-Kampagne festival contre le racisme aktiv zu beteiligen
In selbstorganisierten Lehrveranstaltungen sollen Student*innen die Möglichkeit bekommen, Themen zu vertiefen, welche in der Lehre vielleicht aktuell nicht ausreichend Raum finden. Ob nun jemand eine interessante Hausarbeit geschrieben hat und die Themen und Literatur gemeinsam mit anderen beraten möchte, Inhalte aus verschiedensten Einflüssen zusammen anhand eines Leitthemas diskutieren möchte, einen Essay oder gleich ein ganzes Buch gemeinsam lesen will – all dies ist wertvoll und sollte ermöglicht werden. Es soll Lehre stattfinden, die unabhängig von fachlichen Korsetts stattfindet und auch fernab vom disziplinären Mainstream eine thematische Diversität bieten kann.
Student*innen auf beiden Seiten der Veranstaltungen wird so ermöglicht, eine Aussicht auf freie Bildung zu erleben. Diejenigen, welche Veranstaltungen anbieten, können ihre Themen gleichberechtigt mit den Teilnehmer*innen diskutieren, ihre Perspektive erweitern und neue Ansichten gewinnen. Dadurch, dass keinerlei Zwang oder Druck bestehen, etwas zu leisten oder bestimmte Vorgaben einzuhalten, wird rein interessengeleitete Bildung erlebbar gemacht, soweit dies neben Regelstudienzeit, Maximalstudiendauer und finanziellem Druck möglich ist. Um einen Gegenentwurf zu den bestehenden Ausbeutungsverhältnissen an Hochschulen darzustellen, sollten die Lehrenden in den studentischen Alternativangeboten finanziell gestützt werden.
Wenn sich Menschen zusammenfinden, sich Ziele setzen und diese gemeinsam und auf Augenhöhe verwirklichen, dann ist das grundsätzlich begrüßenswert. Dabei sollte aber auch bedacht werden, dass dies oft aus der Not heraus passiert. Doch bis zu dem Zeitpunkt, an dem Hochschulen basisdemokratisch organisiert sind, Forschung und Lehre nicht durch Wettbewerbszwänge bestimmt werden und der Bildungssektor ausfinanziert ist, gilt:
Nehmen wir unsere Bildung selbst in die Hand!