Für die Gleichberechtigung aller Hochschulmitglieder

Es verhindert eine themenbezogene Auseinandersetzung. Die Hierarchie zwischen den Gruppen verfestigt sich. Es wird ignoriert daß in den Hochschulen neben ProfessorInnen zugleich auch Mittelbau und StudentInnen an der Lehre und der Forschung beteiligt sich. Gruppenübergreifende Interessenkonflikte werden vernachlässigt.

Der fzs unterstützt das Modell einer Hochschule, die sich nicht durch die traditionellen Gruppen strukturiert. Meinungsbildungsprozesse, Einflußmöglichkeiten und Entscheidungen dürfen nicht an die Gruppenzugehörigkeit gekoppelt werden.

Die Anträge zu Hochschulstrukturen wurden sehr kontrovers diskutiert, insbesondere das Modell der gruppenlosen Hochschule. Die MV wollte bei dem derzeitigen Diskussionsstand keine Abstimmung erzwingen. Sie einigte sich darauf, diese Thematik in den einzelnen Studierendenschaften weiter zu behandeln. Der Vorstand wurde beauftragt, bis zur nächsten MV die Ergebnisse der Diskussionen zusammenfassend darzustellen.

Begründung:

Dieser Text entstand als Zusammenfassung der Argumente für eine nicht ständische Hochschule, wie sie im AK-Hopo des fzs erarbeitet wurden.

Hier, wie auch auf der Mitgliederversammlung, waren die Auffassungen jedoch sehr geteilt. Die Diskussionen wurden darum geführt, inwiefern die Überwindung des Konzepts der Gruppenhochschule dazu beitragen kann, Hierarchien an der Hochschule abzubauen und Auseinandersetzungen sachbezogen zu führen.

Das derzeitige Konzept der Gruppenhochschule beinhaltet, daß die Mitglieder der Hochschulgremien von ihren eigenen Statusgruppen gewählt und insofern auch nur als RepräsentantInnen dieser wahrgenommen werden. Gruppeninteressen (die zwar unbestreitbar bestehen) dominieren dieses System und werden auch bei einer paritätischen Besetzung der Gremien als strukturprägendes Merkmal begriffen. Sie stellen aber tatsächlich nur eine (mögliche) Konfliktlinie unter vielen dar, z.B. zwischen Fachbereichen, zwischen Frauen und Männern, hinsichtlich der Vorstellungen über die Organisation und Inhalte von Studium, Forschung und Lehre, bei Berufungen … Wenn Entscheidungsfindungen einen Interessensausgleich beinhalten sollen, muß beachtet werden, daß die genannten Interessenskonflikte ebenso quer zu den Gruppen verlaufen.

Durch eine Regelung, nach der Gremienmitglieder unabhängig von einer Gruppe gewählt werden – jedeR wählt jedeN – kann die ausschließliche Orientierung an den Gruppeninteressen abgeschwächt werden. Dies fördert eine sach- und themenbezogene Auseinandersetzung und Zusammenarbeit. Die Gremienmitglieder stehen somit in der Verantwortung für die gesamte Hochschule und nicht nur für eine Gruppe. Das wird insbesondere dadurch erreicht, daß sich die Mitglieder der Gremien allen ihren Wählerlnnen, also auch denen aus anderen Gruppen verantwortlich, fühlen. Gleichzeitig erhöht sich die Akzeptanz der Gremienmitglieder untereinander.

Mit der Einführung von Globalhaushalten bzw. Finanzautonomie werden Hochschulgremien in der Zukunft veränderte Aufgaben wahrnehmen, vor allem die Verteilung von Geldern innerhalb der Hochschulen. Dabei werden Interessenskonflikte eher zwischen Fachbereichen als zwischen Statusgruppen bestehen und einen Ausgleich erfordern.

Ein gruppenloses Konzept könnte zu einer größeren Beteiligung von Frauen in den Entscheidungsgremien führen. Bei der Annahme, daß Frauen eher von Frauen gewählt werden und Studentinnen auch Professorinnen wählen können, haben die wenigen kandidierenden Professorinnen eine größere Chance. Zudem ließe sich eine Quotenregelung einfacher realisieren, da verhältnismäßig mehr Mitarbeiterinnen und Studentinnen gewählt werden können.

Eine verstärkt sach- und themenbezogene Zusammenarbeit kann neuen Ansätzen von Studium, Lehre und Forschung (Projektstudium, forschendes Lernen, Interdisziplinarität, Forschung zu gesellschaftliche Problemfeldern) eher zur Durchsetzung verhelfen. Solche Konzepte finden ihre BefürworterInnen gruppenübergreifend, auch wenn sie innerhalb der ProfessorInnenschaft eher Minderheitenpositionen sind. Hier kann eine gegenseitige Verstärkung erfolgen.

Hochschulstrukturen, die nicht auf eine Gliederung in Statusgruppen beruhen, können der erste Schritt sein, gewachsene Hierarchien an der Hochschule zu überschreiten und aufzubrechen. Dieser Prozeß führt längerfristig zu einem veränderten Selbstverständnis darüber, wie die Aufgaben und Verantwortlichkeiten an der Hochschule verteilt sind. Studierende werden nicht ausschließlich als Lernende und Konsumierende wahrgenommen, und ProfessorInnen nicht nur als Lehrende und Forschende (auch in der Selbstwahrnehmung).

Statusgruppen, ob paritätisch oder nicht, sind Ausdruck ständestaatlichen Denkens. Eine Demokratisierung der Hochschule setzt die Aufhebung der Statusgruppen voraus.

Gerade zu einem Zeitpunkt, da verstärkt neue Modelle des Hochschulmanagements (Globalhaushalt, Finanzautonomie) diskutiert und erprobt werden, erscheint es sinnvoll und notwendig, auch neue Modelle der Gremienstruktur in die Auseinandersetzung einzubringen.

Die Aufhebung der Statusgruppen würde auch dem Urteil des BVerfG, das die Mehrheit der ProfessorInnen in den Gremien festschreibt, den Boden entziehen. Wo die Gremienwahl nicht zwischen den Gruppen unterscheidet, können in den Gremien keine Mehrheitsverhältnisse für eine bestimmte Gruppe festgelegt werden. Rahmenbedingungen

Der Gefahr, daß eine Gruppe in den Gremien gar nicht mehr vertreten ist, kann durch Mindestquoten (nicht nur für die Statusgruppen) begegnet werden.

Die Hochschule sollte allen Mitgliedern Möglichkeiten bieten, sich die notwendige Kompetenz für die Gremienarbeit (besonders unter einem Globalhaushalt) anzueignen.

Die Auseinandersetzung um Demokratie an der Hochschule kann nicht getrennt werden von der Auseinandersetzung um die Studienreform. StudentInnen benötigen Freiräume für ihr Engagement in den Gremien und müssen als gleichberechtigte Hochschulmitglieder akzeptiert werden. Bestrebungen, die Studienzeiten zu verkürzen sowie die Hochschule für StudentInnen ausschließlich als Dienstleistungseinrichtung bzw. „Durchlaufstation“ zum Beruf zu definieren, laufen diesen Voraussetzungen zuwider.

Beschlossen auf der 3. MV in Düsseldorf, Mai 1995