Diese Differenzierung in Universitäten und Fachhochschulen führt zu einer strukturellen Benachteiligung der Fachhochschulen, wobei insbesondere die schlechteren Möglichkeiten an Fachhochschulen zu forschen (fehlender wissenschaftlicher Mittelbau, geringe Forschungsmittel, hohes Lehrdeputat der ProfessorInnen, fehlendes institutionelles Promotionsrecht, etc.) zu Defiziten in der Theorie und oft zur Praxislastigkeit fährt. Was als „Anwendungsbezug“ und „Verankerung der Fachhochschule in der Region“ verkauft wird, ist oft genug die allzu unkritische Übernahme von Wissen und Verfahren aus der Praxis der Unternehmen und Einrichtungen, mit denen die Fachhochschule kooperiert.
Umgekehrt sind insbesondere die Lehr-/Lernformen und -inhalte an der Universität aufgrund des mangelnden Praxisbezugs in der Lehre erstarrt. Praxisferne Theorieorientierung und hochspezialisierte Forschungstätigkeit führen häufig genug einerseits zu einer veralteten Grundlagenausbildung, orientiert an dem, was seit Jahren in Vorlesungsskripten und Lehrbüchern steht, und andererseits zu einer spezialisierten Vertiefung, deren praktische Anwendungen und Konsequenzen allerdings kein Studieninhalt sind. Forschungsfreiheit wird oftmals zur Beliebigkeit, wenn dabei der Forschungsgegenstand dem gesellschaftlichen Diskurs und der studentischen Beurteilung entzogen wird.
Enge Zugangsvoraussetzungen an Universitäten bieten kaum Möglichkeiten zum Studium für Menschen ohne Abitur, z.B. aus der beruflichen Bildung heraus. Nicht nur in diesem Fall ist die Differenzierung von Fachhochschulen und Universitäten auch Ausdruck und Manifestierung hierarchischer und elitärer Gesellschaftsstrukturen. Wichtige Chancen, der Abgeschlossenheit des herkömmlichen Wissenschaftsbetriebes zu entkommen, werden so verpaßt.
In diesem streng differenziertem Hochschulsystem ist ein Wechsel von Studiengängen zwischen Universitäten und Fachhochschulen sehr schwierig bis unmöglich. Mit der Wahl des Hochschultyps ist der Studienverlauf und die weitere Berufsplanung im Grunde festgelegt.
Insgesamt wird die Trennung von Fachhochschulen und Universitäten immer sinnloser, oft genug wirkt sie sich negativ aus. Universitäten und Fachhochschulen sollten daher zu einer neuen Hochschule zusammengeführt werden, die die aufgeführten Nachteile durch die Aufhebung der strukturellen Unterscheidung erreicht, in der Theorie und Praxis in Lehre und Forschung tatsächlich aufeinander bezogen werden und alle Lehrenden und Studierenden gleiche Möglichkeiten haben.
Dabei gehen die Forderungen des fzs für diese neue Hochschule natürlich weit über das obengenannte hinaus in einer integrierten Gesamthochschule.2 Die Überwindung der Differenzierung von Fachhochschulen und Universitäten ist aber eine wesentliche Grundlage. Fachhochschulen und Universitäten müssen sich einander annähern.
Erste Schritte dahin sind
- Der Abbau der Diskriminierung der Fachhochschulen 3
- Die Erweiterung des Hochschulzugangs auf berufliche Bildungswege auch an Universitäten.
- Die Eröffnung von mehr Wechsel- und Kombinationsmöglichkeiten zwischen Studienangeboten der verschiedenen Hochschultypen, unabhängig vom Studienzugang.
- Die Herstellung eines sinnvollen Praxisbezugs an allen Hochschulen. Das heißt, Forschung und Lehre müssen ihren Gegenstand auch in Hinblick auf eine praktische Anwendung bestimmen und einen kritischen Bezug zu gesellschaftlichen Problemfeldern haben.
- Die Ermöglichung eines wissenschaftlichen und selbstorganisierten Studiums an allen Hochschulen. Dazu gehört auch die Einrichtung neuer Studienangebote, die bisher den Universitäten vorbehalten waren.
- Die Ausweitung und Förderung von Forschungsvorhaben an Fachhochschulen, inklusive der Erlangung des Promotionsrechtes.
Beschlossen auf der 3. MV in Düsseldorf, April 1995