Bundesregierung schränkt „Freifahrtregelung“ für Schwerbehinderte ein

Bisherige Regelung
Bisher können Personen, die über einen Schwerbehindertenausweis und eine entsprechende Wertmarke verfügen, im Umkreis von 50 Kilometern um den Wohnort und bundesweit innerhalb aller Verkehrsverbünde die öffentlichen Nahverkehrsmittel kostenfrei nutzen. Die Wertmarke ist für Personen, die sich nicht aus laufendem Einkommen finanzieren können kostenfrei. Ansonsten wird ein Betrag von 60 Euro pro Jahr erhoben.

Welche Änderungen sind geplant?
Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, die unentgeltliche Nutzung auf den Verkehrsverbund des Wohnorts zu begrenzen. Gibt es keinen Verkehrsverbund, wird der Landkreis zu Grunde gelegt. Was sind die Folgen? Vielen behinderten Menschen ist die Mobilität über den unmittelbaren Nahbereich des Wohnorts hinaus nur durch die bisherige, fast flächendeckende Kostenfreiheit möglich. Allein der Kauf einer Fahrkarte am Automaten stellt für sehbehinderte und blinde Menschen, die die heute üblichen Touchscreens nicht bedienen können und keinerlei akustische Rückmeldung vom Automaten erhalten, aber auch für motorisch eingeschränkte Personen oder RollstuhlfahrerInnen, die die Bedienelemente meist gar nicht erreichen können, eine unüberwindliche Hürde dar. Die „Freifahrtregelung“ ist also nicht als entbehrliches Geschenk des Staates, sondern als Nachteilsausgleich zu verstehen, der eine Nutzung des ÖPNV erst ermöglicht. Wird diese Möglichkeit der selbstständigen, unabhängigen Mobilität behinderter Menschen im vorgesehenen Maße eingeschränkt, wird sehr vielen Personen eine selbstbestimmte Lebensgestaltung ohne Abhängigkeiten und das ewige Angewiesen sein auf fremde Hilfe verwehrt.

Gerade behinderte StudentInnen werden von diesen Plänen hart getroffen. Ihnen wird hierdurch nicht nur die selbstständige Mobilität zwischen Studien- und Heimatort verbaut, sondern unter Umständen auch das Aufsuchen spezieller, teils lebensnotwendiger ÄrztInnen oder Kliniken unmöglich gemacht. Sollten Menschen mit Behinderung in Zukunft schon auf dem Weg zu einem potentiellen Studienort an der nicht-Bedienbarkeit von Fahrkartenautomaten und dem Fehlen von Ansprechpersonen an Bahnhöfen scheitern, werden sich sicher noch wesentlich weniger Menschen aus diesem Personenkreis auf das ohnehin oft schwierige Abenteuer eines Studiums einlassen. Weitere Informationen (unter anderem eine umfangreiche Linksammlung) sowie Unterschriftenlisten findet ihr unter www.oepnv-info.de.