Studentische Mobilität fördern!

Studierende sind aber nicht nur zwischen verschiedenen Ländern mobil, sondern können auch zwischen verschiedenen Hochschulen und Hochschultypen z.B. in verschiedenen Bundesländern wechseln.

Der häufigste Fall ist dabei der Wechsel der Hochschule zwischen Bachelor- und Masterstudium (vertikale Mobilität). Der andere Fall, der vor allem international eine Rolle spielt, ist die Änderung des Studienortes auch für einen selbstbestimmten Zeitraum ohne das Studienfach zu wechseln (horizontale Mobilität).

Dabei stehen die Studierenden vor vielen Hürden, die überwunden werden müssen:[1] Am Häufigsten sind dabei ungenügende Studienfinanzierung, mangelhafte Anerkennung von Leistungen und unnötige Zugangshürden zu den Wunschprogrammen.

Auf der Bologna-Ministerialkonferenz in Bukarest 2012 wurde im Rahmen des Bukarest-Kommuniqué die Mobility-2020-Strategie verabschiedet. Innerhalb dieser werden bekannte Punkte wieder aufgegriffen und neue Aspekte angeschnitten. Der Anteil der Studierenden, die während des Studium einen Auslandsaufenthalt absolvieren, soll auf 20% erhöht werden (vgl. Leuven-Kommuniqué). Alle Länder sollen das Ziel von studentischen Aufenthalten werden und die Finanzierung von Auslandsaufenthalten vereinfacht und allen zugänglich sein[2]. Als neue Aspekte werden die Kurzzeitmobilität und speziell die Mobilität von bisher unterrepräsentierten Gruppen aufgegriffen.

Die bisherige Forderung des fzs, dass zur Evaluation der Mobilität nur die Anzahl für das Studium relevanter Auslandsaufenthalte zu zählen, wird von den Minister*innen mit dem Punkt Kurzzeitmobilität aufgegriffen.

Aufenthalte, die mindestens 3 Monate dauern oder 15 ECTS-Punkte bringen, sollen verstärkt beworben werden. Der fzs spricht sich gegen starre Punktebegrenzungen aus. Diese sorgen dafür, dass Auslandsaufenthalte nicht flexibel durchgeführt werden können, da es an der Anrechnung scheitert.

Der fzs begrüßt die geplante Öffnung des Europäischen Hochschulraumes (EHR) nach außen in der Mobility-2020-Strategie. Die Abschottung des EHR nach außen wird vom fzs seit jeher kritisiert. Die Öffnung, um Mobilität sowohl in den EHR hinein als auch aus dem EHR heraus zu ermöglichen, ist ein notwendiger Schritt. Der Vorwand, den derzeitigen Stand der Mobilität erst zu evaluieren verzögert den Prozess unnötig. Die Mobilität unterrepräsentierter Gruppen zu stärken ist ein Vorhaben, der bereits in mehreren Kommuniqués zu finden ist. Geeignete Förderprogramme müssen gefunden, gefördert und ausreichend finanziert werden, um Mobilität gerecht zu gestalten.

Hochschulzulassung und -zugang

Bei Aufnahme eines Studiums an einer Hochschule werden bestimmte Voraussetzungen seitens der Hochschule gefordert. Durch Zugangshürden soll eine Vorauswahl unter den Bewerber*innen getroffen werden. Zu jener Beweber*innenselektion werden die Hochschulen insbesondere durch das Fehlen ausreichender öffentlich finanzierter Masterplätze gezwungen.“ Dieses Werkzeug wird gerade beim Zugang zum Masterstudiengängen aktiv genutzt, um den ”eigenen” Studierenden Studienplätze vorzubehalten. Dies führt verstärkt dazu, dass von den Studiengangsgestalter*innen versucht wird, einen Wechsel zwischen den Hochschulformen zu verhindern. Auch beim Wechsel zwischen verschiedenen Bundesländern werden unnötige Hürden aufgebaut. Dabei ist es stark von der Fachkultur abhängig, ob die Hürden des Föderalismus oder der einzelnen Hochschule gravierender sind.

Der fzs fordert die Abschaffung sämtlicher Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen: Diese stellen eine fehl platzierte Bevormundung von Studien interessierten und Studierenden dar, halten Menschen von Bildung fern und fördern die soziale Spaltung der Gesellschaft. Der Verzicht auf Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen aller Art ist eine notwendige Voraussetzung für studentische Mobilität.

Anerkennung

Sobald von den im vorgegebenen Regelstudienplan enthaltenen Modulen abgewichen wird, spielt Anerkennung eine zentrale Rolle. Trotz diverser Instrumente wie z.B. Learning Agreements scheitert Mobilität häufig an der Möglichkeit, Studien- oder Prüfungsleistungen zu erbringen, die anerkannt werden. Die weit verbreitete Einstellung von Dozent*innen, dass alles außer dem eigenen Angebot nicht ausreichend sein kann, ist ebenso hinderlich. Das Konzept der Lernergebnisse statt Inhalte ist in den Köpfen vieler Dozent*innen noch immer nicht angekommen. Trotz der verstärkten Bemühungen verschiedenster Akteur*innen, die Lissabon-Konvention in den Prüfungsordnungen und Hochschulgesetzen durchzusetzen [3], ist die Beweislastumkehr noch nicht Realität geworden. Die Vergleichbarkeit von Leistungen wird immer noch an Detailfragen diskutiert. Gerade in Betracht der 2012 in Bukarest geforderten ”automatischen Anerkennung” kann die Nachweispflicht nicht mehr auf die Studierenden abgeschoben werden. Auch 2013 fordert der fzs immer noch, die Anerkennungspraxis in den Hochschulen der Gesetzeslage anzupassen.

In diesem Zusammenhang sind willkürliche Anerkennungsobergrenzen abzulehnen. Bereits angeeignete Kompetenzen müssen in jedem Fall angerechnet werden, auch wenn es sich um mehr als 50% des vorgesehenen Workloads eines Studiums handelt. Dabei spielt eine bisherige, bereits anderweitig erfolgte Anerkennung eines Moduls keine Rolle. Eine Anerkennungskultur, die vom Vertrauen in die mobilen Studierenden geprägt ist, muss in den Hochschulen Einzug halten. Anerkennung hat kompetenzorientiert zu erfolgen. Die Anzahl von ECTS-Punkten, die für ein Modul vergeben werden, trifft keine Aussage über die darin erlangten Kompetenzen. Daher ist ein Vergleich dieser bei der Anerkennung hinfällig.

Mobilität scheitert an den selben Problemen wie die restliche Umsetzung des Bologna Prozesses in der BRD. Ein gerechter Zugang zum Studium und eine faire Anerkennungspraxis sind auch für Mobilität notwendige Voraussetzungen.

Finanzierung und Sozialleistungen

In finanzieller und sozialer Hinsicht ist studentische Mobilität keineswegs barrierefrei. Neben unterschiedlichen Lebenshaltungskosten spielen hier Studiengebühren, fehlende Studienfinanzierungsmöglichkeiten und Sozialleistungen eine große Rolle.

Der Staat muss allen Studierenden die Möglichkeit eröffnen, einen Auslandsaufenthalt absolvieren zu können, ohne dass sie sich der Gefahr einer Verschuldung aussetzen müssen. Ob der Auslandsaufenthalt hierbei verpflichtend, fakultativ oder freiwillig ist, kann und darf bei der Finanzierungsfrage keine Rolle spielen. Hierzu bedarf es einer eltern-, herkunfts- und altersunabhängigen Finanzierung des Auslandsaufenthaltes. Bei einer Fortentwicklung des BAföG [4] muss auch dieser Aspekt berücksichtigt werden. Es muss gewährleistet werden, dass höhere Lebenshaltungskosten den Studierenden nicht zum finanziellen Nachteil gereichen.

Der fzs lehnt Studiengebühren jeglicher Form und an jedem Ort ab [5]. Daher dürfen Studiengebühren auch am Ort eines Auslandsstudiums nicht erhoben werden.

Darüber hinaus fällt es vielen Studierenden schwer, am Ort des Auslandsaufenthaltes rechtzeitig eine bezahlbare Wohnung zu finden. Entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung dieser untragbaren Situation müssen auf europäischer, nationalstaatlicher und lokaler Ebene ergriffen werden. Möglich sind hier insbesondere erleichterter Zugang zu Wohnheimplätzen und anderem adäquaten, bezahlbaren Wohnraum oder das Aufsetzen von Programmen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus auch für Studierende.

[1] Siehe dazu auch die Positionspapiere ”Soziale Dimensionen in der Akkreditierung 2011” und ”Studentische Mobilität im Bologna-Prozess 2008”.

[2] www.ehea.info/Uploads/%281%29/2012%20EHEA%20Mobility%20Strategy.pdf

[3] In der Lissaboner Anerkennungskonvention wurden 1997 Anerkennungsmaßnahmen im Hochschulwesen festgelegt. Diese Erklärung wurde inzwischen von 48 Ländern ratifiziert, darunter auch der BRD. Ein entscheidender Punkt ist die Beweislastumkehr: Die Studierenden müssen nicht nachweisen, dass ihre Leistung gleichwertig ist. Die Hochschule muss nachweisen, dass ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen der erbrachten Leistung und der entsprechend im Studiengang geforderten.

[4] Insbesondere im Sinne des Positionspapiers „Breitenförderung statt Elitenkack“, beschlossen von der 45. Mitgliederversammlung des fzs vom 01.-03. März 2013 in Mainz.

[5] Siehe die vielfach bekräftigte Beschlusslage, zuletzt mit dem Positionspapier, beschlossen von der 45. Mitgliederversammlung des fzs vom 01.-03. März 2013 in Mainz.