Für kaum eine gesellschaftliche Gruppe bestehen so viele Zugangshürden zum deutschen Bildungssystem wie für Asylbewerber*innen. Behördliche Studierverbote und andere bürokratische Hindernisse, die Unmöglichkeit der Studienfinanzierung und unzureichende Kapazitäten in Studienkollegs zeugen von einem strukturellen Rassismus, der unsere Gesellschaft durchzieht. Somit wird das Menschenrecht auf Bildung unterwandert und die gesellschaftliche Teilhabe dieser Gruppe verwehrt.
Als Studierende und Mitglieder der Hochschulen sind auch wir Teil solcher diskriminierenden Strukturen und Ausschlussmechanismen und damit mitverantwortlich für ihre Beibehaltung oder Überwindung. Unter anderem folgende Hürden gilt es politisch zu überwinden:
- Studierverbote: In einigen Bundesländern (z.B. Berlin, Brandenburg, Thüringen) erteilen Ausländerbehörden vielen Asylbewerber*innen ”individuelle” Studierverbote, die als Auflage während des langjährigen Asylverfahrens zu beachten sind.
- Studienkolleg: Schulabschlüsse aus vielen Ländern, deren Schulsysteme z.B. ”nur” 11 Schuljahre vorsehen, werden in Deutschland nicht als ausreichende Qualifikation für ein Hochschulstudium anerkannt. Für Studieninteressierte aus diesen Ländern ist der Besuch eines einjährigen Studienkollegs zur Vorbereitung auf ein Hochschulstudium verpflichtend. Doch die Plätze im Studienkolleg, auf die sich auch viele ”Bildungsinländer*innen” ohne Abitur bewerben, sind viel zu knapp. Dies stellt einen weiteren effektiven Ausschlussmechanismus dar.
- uni-assist: Das Bewerbungsverfahren für ausländische Studierende regeln viele deutsche Hochschulen mittlerweile über den privaten Verein ”uni-assist e.V.”, der durch hohe Gebühren, schlechte Erreichbarkeit, häufig intransparente Entscheidungen und mangelnde institutionelle Anbindung an die Universitäten (und deren Mitbestimmungs- und Kontrollstrukturen) für ausländische Studierende generell eine erhebliche Hürde darstellt. Hiervon sind auch Geflüchtete im Besonderen betroffen.
- Zeugnisse: Ohne vollständige Zeugnisdokumente ist an vielen Hochschulen keine Bewerbung möglich (vor allem nicht über ”uni-assist”). Menschen, die fliehen müssen, haben aber häufig keine Gelegenheit, ihre Dokumente mitzunehmen und können sie in vielen Fällen auch später nicht besorgen. In manchen Ländern werden Zeugnisse und andere Dokumente von Behörden als Druckmittel zurückgehalten, um Menschen an der Flucht zu hindern, zur Rückkehr zu nötigen oder sie (wie z.B. im Sudan) zum Militärdienst in Kriegsgebieten zu zwingen.
- Krankenversicherung: Hochschulen dürfen nach Bundesrecht nur Menschen mit Krankenversicherung zur Immatrikulation zulassen – für Asylbewerber*innen, deren begrenzte Gesundheitsversorgung im Einzelfall über das Sozialamt geregelt wird, ist das eine weitere Hürde, die ggf. nur durch private Krankenversicherungen zu umgehen ist: ein weiterer Kostenfaktor.
- Finanzierung: Die Studienfinanzierung ist für Geflüchtete fast unmöglich: Von Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz sind Studierende pauschal ausgeschlossen; der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Asylbewerber*innen stark eingeschränkt bis vollständig versperrt; BAföG-berechtigt sind sie mangels in Deutschland arbeitender Eltern oder eigener Arbeitsmarkterfahrung im Normalfall nicht, was sie auch von Stipendien der vom Bund finanzierten Stiftungen ausschließt.
- Visa: Für einen Hochschulzugang via Studierendenvisum schließlich ist bislang der Nachweis großer Geldvermögen oder wohlhabender Bürg*innen notwendig. Eine vereinfachte Vergabe von Studierendenvisa an Geflüchtete würde diesen sofort eine Perspektive bieten.
Im Sinne der Umsetzung des Rechts auf Bildung für alle fordern wir den Abbau aller Zugangsbarrieren für ausländische Studieninteressierte unter Berücksichtigung der besonderen Umstände Geflüchteter. Dies beinhaltet auch die aktive finanzielle und organisatorische Unterstützung ihrer Studienvorhaben.