Verfassungsgerichtshof BW – Unkontrollierbare Rektorate verfassungswidrig

Berlin/Stuttgart (15. November 2016). Der freie zusammenschluss von student*innenschaften begrüßt einige überfällige Korrekturen, die der Verfassungsgerichtshof Baden-Württembergs mit seinem gestrigen Urteil zu den Mitbestimmungsrechten von Hochschulmitgliedern vorgenommen hat. Der Verfassungsgerichtshof hat damit die Rechte der wissenschaftlich tätigen Hochschulmitglieder gestärkt.

Dazu Janek Heß, Mitglied im Vorstand des fzs: „Die Politik muss einsehen, dass sie Hochschulen nicht weiter wie Unternehmen behandeln darf. Entscheidungsbefugnisse über Fragen von Lehre und Foschung dürfen nicht weiter an hierarchisch aufgebauten Präsidien und mit Externen besetzte Hochschulräte übertragen werden. Mindestens aber muss laut dem Urteil der mit gewählten Hochschulmitgliedern besetzte Senat alleine mehrheitlich in der Lage sein, eine*n Präsident*in abzuwählen. Das ist eine längst überfällige Stärkung der Rechte von wissenschaftlich Tätigen, also Professor*innen, Mitarbeiter*innen und Studierenden gegenüber der Hochschulleitung.“

Mandy Gratz, ebenfalls Mitglied im Vorstand des fzs, ergänzt: „Auch die Hochschulräte, gegen die nicht einmal geklagt wurde, kritisiert das Gericht stark und stimmt dem fzs in seiner langjährigen Kritik zu. Hochschulräte dürfen in ihrer Zusammensetzung mit Wirtschaftsvertreter*innen und Co. nicht in die Hochschulen hineinregieren. Ihre Mitglieder kennen die Hochschule höchstens durch Führungen. Ihre Entscheidungskompetenzen müssen endlich beschnitten werden.“

Heß, ergänzt: „Besonders bemerkenswert ist, dass der Verfassungsgerichtshof Dekan*innen und Rektoratsmitglieder grundsätzlich als Träger*innen der Wissenschaftsfreiheit ausschließt. Damit stellt der Verfassungsgerichtshof auch fest, dass Hochschulmanager*innen keine Wissenschaftler*innen im Sinne der Verfassung sind. Der Gerichtshof beendet so die Praxis, dass Amtsinhaber*innen wie Rektor*innen in den Senaten mitstimmen dürfen und damit sich selbst kontrollieren sollen. Nichtsdestotrotz bleibt die Zusammensetzung der Senate undemokratisch, wenn die kleine Gruppe der Professor*innen über alle anderen Hochschulmitglieder hinweg entscheiden kann, bleibt der Muff der Vergangenheit bestehen.“