Demokratische Studienreform ist die beste Qualitätssicherung

beschlossen auf der 55. Mitgliederversammlung

Kritik am Akkreditierungswesen
Wie sollte Studienreform sein?
Ein Studium, das den Rahmen für die (Heraus-)Bildung einer mündigen Persönlichkeit bieten kann, muss von den Studierenden selbst gestaltbar sein. Sich mit wissenschaftlichen Methoden und im argumentativen Austausch „die Welt anzueignen“ und daran als kritischer(er) Charakter zu wachsen, geht derzeit oft nur gegen die Widerstände des Studienalltags. Dagegen organisieren sich viele in und um die Hochschulen, die vielerorts Fortschritte bei der Beseitigung von Restriktionen machen. Wo sich eine produktive, weil argumentierte und auf Augenhöhe geführte, Kultur in den Gremien akademischer Selbstverwaltung etabliert, können Studienreformprozesse in Gang gesetzt werden, die diesen Bildungsanspruch weiter verwirklichen können. Auch wenn paritätisch besetzte Gremien eher Zukunftsmusik und studentische Selbstverwaltung oft nur eingeschränkt möglich ist, gehört die Verantwortung für die Entwicklung von Lehre und Studium in die lokalen Selbstverwaltungen. Parlamente statt Agenturen: Das Bundeshochschulgesetz ergibt die Notwendigkeit, einen hochschulübergreifenden rechtlichen Rahmen zu definieren, in dem die Wissenschaftler*innen vor Ort Studium und Lehre gestalten können. Der richtige Ort dafür sind aber keine privaten Agenturen, sondern durch Parlamente beschlossene und in der Öffentlichkeit diskutierte Gesetze. Der fzs erneuert seine Forderung nach einer umfassenden Reform des Hochschulrahmengesetzes (HRG) und seiner Weiterentwicklung – entsprechend dem Beschluss der 47. MV in Fulda – zu einem Bundeshochschulgesetz (BHG), in welchem die Bedingungen für ein gutes Studium garantiert werden. Darunter fallen u.a. die Zulassung zu Studium, der Anspruch auf einen Master und die allgemeine Gebührenfreiheit. Die Regelstudienzeit darf keine sanktionierte „Maximalstudiendauer“ sein, sondern muss zu einer Verpflichtung der Hochschulen werden, Studiengänge in einer absehbaren Zeit abschließen zu können. Mit der Verankerung einer Zivilklausel, sowie von Grenzwerten und Transparenzklauseln für Drittmittel kann ein HRG/BHG einen deutlichen Beitrag für die Unabhängigkeit und kritische Handlungsfähigkeit von Wissenschaft leisten. Damit würde es die Möglichkeiten der lokalen Gremien, emanzipatorische Studienreform zu betreiben und bestmögliche Rahmenbedingungen für die unterschiedlichsten gelingenden Studienverläufe zu bieten, ausweiten.
Der (Un-)Sinn der Akkreditiererei.
Die Praxis der Akkreditierungsagenturen ist dagegen darauf gerichtet, die Studienreformbemühungen an Hochschulen von außen, ohne genaue Kenntnisse der spezifischen lokalen Situationen und vor dem Hintergrund partikularer Interessen zu verkomplizieren. Sie sind teilweise im Eigentum ökonomischer Interessensverbände und das Bundesverfassungsgericht hat dieses Jahr zu Recht gerügt, dass dem Akkreditierungssystem die demokratische Legitimation fehlt.
Dabei wurde insbesondere das Nichtvorhandensein von verbindlichen Vorgaben problematisiert – die Privatisierung der Gesetzgebung in diesem Bereich muss jetzt zurückgedreht werden. Bei seiner Fixierung auf eine vermeintlich mögliche quantitative Vergleichbarkeit von Erkenntnisprozessen überrascht nicht, dass das Akkreditierungswesen eines der Hauptinstrumente zur Durchsetzung der Bologna-Reform (u.a. Modularisierung, gestufte Abschlüsse, ECTS) in den deutschen Hochschulen (gewesen) ist. Das System, der sich im Wettbewerb gegenüberstehenden privaten Akkreditierungsagenturen steht einer demokratischen und gesellschaftskritischen Wissenschaft entgegen. Akkreditierungen, die seit ihrer Einführung heftiger Kritik von allen Seiten – Studierenden, Hochschulleitungen und Lehrenden – ausgesetzt und bereits stark geschliffen worden sind, transportieren Partikularinteressen in die Hochschulen und setzten bei der Ausgestaltung der Lehre falsche Anreize. Auch wenn die Agenturen keine Gewinne einfahren dürfen, müssen sie ihre Kosten decken und sich am „Akkreditierungsmarkt“ behaupten. Den Hochschulen treten sie als Dienstleister gegenüber, während erstere keine Mühen scheuen dürfen, sich vor den Gutachter*innengruppen bestmöglich (aber oberflächlich) zu vermarkten.
Die Hochschullandschaft steht mit ihrer fortgeschriebenen Unterfinanzierung, prekären Beschäftigungsverhältnissen und der steigenden Abhängigkeit von staatlichen und privaten Drittmitteln ohnehin unter enormen Druck, wenn sie ihrer Funktion, die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisch zu beleuchten und Antworten auf die drängenden Fragen menschlicher Entwicklung zu skizzieren, nachkommen soll. Paritätische Gremienbesetzungen liegen an den meisten Hochschulen ebenfalls in weiter Ferne und so verwundert es nicht, dass einige
engagierte Studierende und andere Gutachter*innen im Rahmen von Akkreditierungsverfahren Verbesserungen erwirken konnten. Es handelt sich bei dabei vor allem um positive Errungenschaften innerhalb eines falschen Systems – die trotzdem dazu führen können die lokalen Studienreformprozesse eher zu behindern als zu fördern.
Fazit
Eine kritische Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung, die ein Ort dafür ist, dass Bildung zur Mündigkeit gelingen kann, braucht einen Rahmen, indem sich alle Hochschulmitglieder einbringen können. Es muss mehr öffentlich darüber diskutiert werden, wie sich kritische Wissenschaft in ein Verhältnis zur Welt setzen kann, das eine emanzipatorische Perspektive eröffnet. Dem steht das aktuelle Akkreditierungswesen entgegen. Der fzs setzt sich weiter kritisch mit dem Akkreditierungswesen auseinander und fordert eine konsequente Demokratisierung der Akkreditierungsstrukturen. Die Student*innen als Betroffene sollten nach unserer Vorstellung einer demokratischen Zivilgesellschaft auch maßgeblichen Einfluss auf die stetige Reform ihrer Studiengänge haben. In diesem Sinne erarbeitet der Ausschuss Studienreform ein ausführliches Reformpapier.