Bei Protesten gegen die Einsetzung eines neuen Rektors der Istanbuler Boğaziçi-Universität durch den Türkischen Staatschef RT Erdoğan wurden mehrere hundert Studierenden festgenommen, Demonstrationen mit massivem Einsatz von Pfefferspray auseinandergetrieben und Versammlungen durch die Positionierung von Scharfschützen auf den Dächern der Universität eingeschüchtert. Die Boğaziçi-Universität ist eine von acht staatlichen Universitäten in Istanbul, gleichzeitig aber eine der prestigeträchtigsten Universitäten der gesamten Türkei. Wohl auch deshalb ist sie bisher vergleichsweise wenig betroffen von Erdoğans Maßnahmen gewesen den Hochschulbereich auf AKP-Linie zu bringen. Auslöser der Proteste war die völlige Missachtung der Hochschulautonomie bei der Auswahl des neuen Rektors. Erdoğan hatte Anfang Januar 2021 von seinem 2018 durchgesetzten Präsidialrecht gebraucht gemacht, die Rektoren der staatlichen Universitäten einzusetzen und den AKP-nahen Melih Bulu zum Rektor der Boğaziçi-Universität ernannt. Ende Januar 2021 wurden bei einer Protestausstellung auf dem Campusgelände Bilder der Kaaba in Mekka, auf denen u.a. LGBTIQ+Flaggen zu sehen sind, gezeigt. Zwei Studierende, die mit der Ausstellung in Verbindung standen, wurden festgenommen. Bei den anschließenden Protesten nahm die Brutalität der türkischen Polizei rapide zu und es kam zu bis zu zweihundert Festnahmen.
Der fzs solidarisiert sich mit den Protesten, die von der Boğaziçi-Universität ausgehen. Unsere volle Solidarität gilt den demonstrierenden Studierenden, deren Ziele wir unterstützen.
Wir fordern die Mitglieder des fzs, aber auch andere Studierendenschaften und studentische Gruppen auf ebenfalls ihre Solidarität mit den Protestierenden in Istanbul zu erklären. Universitäre Netzwerke unter Beteiligung von türkischen Universitäten deren Rektor:innen durch den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan eingesetzt wurden, fordern wir auf diese Partnerschaft zu hinterfragen, mindestens jedoch deutliches Missfallen über diese Ernennungspraxis zum Ausdruck zu bringen. Kooperationen mit durch undemokratische Praktiken unter AKP-Kontrolle gebrachten akademischen Institutionen müssen generell überprüft und im Zweifel beendet werden. Die Hochschulen werden aufgefordert, kritische Wissenschaftler:innen und Student:innen gegenüber der Erdoğan Regierung und im Exil zu unterstützen.
Beschlossen auf der 66. Mitgliederversammlung des fzs