1. Statistiken geschlechtergetrennt aufschlüsseln
Als Grundlage zum Abbau von geschlechtsspezifischen Ungleichbehandlungen müssen alle personenbezogenen Statistiken nach Geschlechtern getrennt aufgeschlüsselt werden. Nur so können überhaupt Ansatzpunkte zum Abbau von geschlechterspezifischen Diskriminierungen gesucht werden.
2. Geschlechtsspezifische Hürden beim Studienzugang abbauen
Allgemein müssen Zugangs- und Zulassungskriterien auf geschlechtsspezifische Hürden hin untersucht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass geschlechtsspezifische Hürden müssen schon beim Studienzugang abgebaut werden. Dazu sollen Erfahrungswerte aus fachlich verwandten Studienfächern für eine Prognose verwandt werden, um gezielte Gegenmaßnahmen bei einer Unterrepräsentanz von Männern und Frauen zu ergreifen. Hierzu gehört insbesondere die Abschaffung von verpflichtenden Vorpraktika in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Schon die Suche nach einem Praktikumplatz ist für Frauen häufig mit Diskriminierungen verbunden. Praktika sollen stattdessen im Rahmen des Studiums absolviert werden. Hier soll die Hochschule in Kooperation mit AnbieterInnen von Praktikumplätzen einer geschlechtsspezifische Diskriminierung entgegenwirken.
3. Geschlechtsspezifische Studieninhalte in Forschung und Lehre einbeziehen
Geschlechtsspezifische Studieninhalte müssen in Lehre und Forschung einbezogen werden. Die Auseinandersetzung mit geschlechterspezifischen Fachinhalten muss in die Lehre integriert werden und darf nicht in sog. “Gender-Modulen“ ausgelagert werden. Dabei sollte die Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Themenfelder der DozentInnen, StudentInnen und PromotionsstudentInnen als Ziel durch die gesamte Hochschule formuliert werden. Dazu ist auch ein hochschuldidaktisches Angebot für Lehrende notwendig. Nur so werden geschlechtsspezifische Aspekte in Forschung und Lehre auf Dauer als elementarer Teil wahrgenommen und nicht als Randaspekt gezwungenermaßen mitgeschleppt.
4. Flexible Studienorganisation möglich machen
Bei der Organisation der Lehrveranstaltungen müssen besondere Bedürfnisse der Studierenden berücksichtigt werden. Vor allem Studierende, die Kinder oder Angehörige betreuen, sind zeitlich weniger flexibel. Damit Männer und Frauen die Betreuung von Kindern mit ihrem Studium verbinden können, müssen Betreuungsangebote bereitstehen und alternative Veranstaltungen und Veranstaltungsformen Teil des Studiums sein. Anzustreben ist in diesem Zusammenhang die Einrichtung von Teilzeit- und berufsbegleitenden Studiengängen.
5. Besondere Hürden bei Auslandsaufenthalten abbauen
Bei Auslandstudienzeiten muss die Hochschule im Rahmen von Kooperationen mit anderen Hochschulen geschlechtsspezifische Benachteiligungen abbauen. Das gilt insbesondere in Ländern, in denen eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts massive Auswirkungen auf den Aufenthalt der Studierenden hat. Hier müssen Vereinbarungen mit der Gasthochschule die StudentInnen im Rahmen ihrer Auslandsstudienzeit besonders unterstützen. Bei entsprechenden Beratungen dürfen StudentInnen nicht schon im Vorfeld eines Auslandsaufenthaltes abgeschreckt werden, sondern müssen neutral informiert und vorbereitet werden.
6. Langfristige Konzepte finanziell absichern
Förderpläne zur Gleichstellung von Frauen und Männern müssen zur Förderung des unterrepräsentierten Geschlechts ein zentraler Bestandteil der Hochschulplanungen sein. Dabei sind langfristige und umfassende Konzepte zu entwickeln, die bestehende Ungleichbehandlungen abbauen. Die geplanten Maßnahmen und Projekte müssen durch die Hochschule finanzielle gesichert werden.
7. Mentoringprogramme für alle StudentInnen als Ergänzung einer Förderung
Mentoringprogramme müssen Platz für eine kritische Auseinandersetzung mit der Mentorin/dem Mentor haben und den Mentees gegenseitigen Austausch über ihre Erfahrungen ermöglichen. Nur so kann dieser Ansatz Frauen fördern und führt nicht dazu, dass Lebenswege blind kopiert werden. Die Programme müssen für alle Studierenden des unterrepräsentierten Geschlechts offen sein und nicht ein Ergebnis von langwierigen Auswahlverfahren. Diese Verfahren führen letztendlich zur Bildung einer Elite und beseitigen keine bestehende Geschlechterungerechtigkeit. Mentoringprogramme sind als Ergänzung zu langfristigen Förderungen möglich, können diese aber keinesfalls ersetzen.
8. Berufsfelder geschlechtergerecht darstellen und diskutieren
Die Darstellung von möglichen Berufsperspektiven muss über klassische Berufsfelder hinausgehen. Das Curriculum muss eine Diskussion des Berufsfeld möglich machen, um auch Perspektiven aufzuzeigen, die nicht hergebrachten Stereotypen entsprechen. Insbesondere bei Studiengängen, in denen ein Geschlecht stark unterrepräsentiert ist, muss das Berufsbild Perspektiven aufzeigen, die dieser ungleichen Verteilung entgegenwirken können. BerufspraktikerInnen müssen in die Lehre einbezogen werden. Hierbei ist die Präsenz beider Geschlechter eine wichtige Voraussetzung.
9. Sexualisierter Gewalt durch strukturelle Maßnahmen entgegentreten
Sexualisierte Gewalt an Hochschulen muss auf zwei Ebenen abgebaut werden. Zum einen müssen, um Hilfe und Schutz bei Belästigungen durch Lehrende und Kommilitonen zu gewährleisten, Anlaufstellen in der Hochschule bekannt sein, die bei Vorfällen den Betroffenen helfen können und sie gegenüber der Hochschule und den Tätern vertreten können. Die Hochschulen müssen Sanktionen gegen Täter gewährleisten. Zum anderen müssen bauliche Maßnahmen an den Hochschulen sog. Gefahrenzonen, wie dunkle Ecken und Plätze, abbauen. Auch hier bedarf es einer umfassenden Schulung des Personals, sowohl im organisatorischen Bereich der Hochschule als auch im Betreuungsbereich. Vor allem in technischen Einrichtungen, bspw. Laboren werden Studentinnen aufgrund von geschlechtsspezifischen Stereotypen häufig mit Diskriminierung konfrontiert.
10. Durchlässigkeit zwischen Bachelor und Master schaffen
Der Anteil von Frauen in Masterstudiengängen ist niedrieger als der in Bachelorstudiengängen. Deshalb sind die Übergangskriterien zwischen den beiden Stufen auch auf geschlechtsspezifische Hürden zu überprüfen. Vor allem Zugangsprüfungen verschärfen die Selektion beim Zugang zum Master. Die Hochschulen müssen auch schon während der Bachelorphase dafür Sorgen, dass Studentinnen zur Aufnahme des Masterstudiums motiviert werden.
(beschlossen durch die 29. MV in Jena, März 2006)