Bundesregierung will keinen Rechtsanspruch für Hauptschulabschluss einführen

Schavan: „Verkorkste Debatte“

76.000 junge Menschen verließen im Jahr 2006 die Schule ohne einen Abschluss – das sind 7,9 Prozent eines Jahrgangs, also fast jedeR zehnte SchülerIn. Als Ausweg aus dieser Misere, die für fast alle Betroffenen in der Arbeitslosigkeit endet, hatte Bundesarbeitsminister Scholz im Frühling vorgeschlagen, einen Rechtsanspruch auf einen Hauptschulsabschluss nachzuholen. Nach dem aktuellen Stand dieser Pläne hat sich die Linksfraktion in einer kleinen Anfrage bei der Regierung erkundigt; die Antwort des Bundesbildungsministerium liegt nunmehr vor.

Demnach stimmt die Bundesregierung zwar darin überein, dass die 76.000 SchulabbrecherInnen „nach wie vor zu hoch“ sei. Deshalb halte sie „an dem Ziel einer Halbierung der Zahl der Schulabbrecher“ fest – allerdings will sie dazu neben ein paar Förderprogrammen keine Initiative ergreifen. Ein Rechtsanspruch kommt allerdings nicht in Frage; ein Abschluss müsse durch die „Erfüllung gewisser Anforderungen“ erreicht werden. Die in der Diskussion befindlichen Eckpunkte sähen lediglich einen Anspruch auf Förderung zu. Und wie zur Bestätigung legte Schavan am 13. August in einem Interview nach: „Diese Debatte“, gemeint ist der Rechtsanspruch, „ist verkorkst. Einen Abschluss verleiht ein Staat nicht einfach so.“ Und während die Eckpunkte weiter diskutiert werden, werden in den nächsten Tagen voraussichtlich die Zahlen zu den SchulabbrecherInnen im Jahr 2007 vorgelegt. Das sind dann voraussichtlich die nächsten 76.000 junge Menschen ohne Zukunftsperspektive.

Auch Anspruch auf Ausbildung hat keine Chancen

Auch Fragen zum Anspruch auf einen Ausbildungsplatz hat die Linksfraktion gestellt. Die Linke argumentiert dabei, dass ein Rechtsanspruch auf einen Hauptschulabschluss ohne gleichzeitig Anspruch auf eine Ausbildung leer bliebe. Doch Pläne zur Einführung eines Rechtsanspruch auf Ausbildung, wie ihn unter anderem SchülerInnenvertretungen und Gewerkschaften einfordern, werden von der Bundesregierung nicht verfolgt: „Grundsätzlich bliebe ein Recht auf Ausbildung inhaltsleer, wenn nicht zugleich der Schuldner dieses Anspruchs benannt würde. Soweit die Wirtschaft verpflichtet werden soll, dürfte dies kaum mit Artikel 12 GG (Einschränkung der Berufsfreiheit) und dem Grundsatz der Vertragsfreiheit vereinbar sein.“

In der Anfrage hakte die Oppositionsfraktion ebenfalls bei der Diskussion um verstärkte Bundeskompetenzen in der Bildungspolitik nach. Im Rahmen der laufenden Beratungen zur Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern („Föderalismusreform II“) könnte etwa der Bund verstärkt aktiv werden, da die Länder seit Jahren etwa das Angebot für das Nachholen von Hauptschulabschlüssen herunterfahren. Antwort: „Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, (…) die Kompetenzaufteilung in der Bildungspolitik zu thematisieren.“ Damit steht sie übrigens gegen mehr als 90 Prozent der Bevölkerung, die sich für mehr Bundeskompetenzen in der Bildungspolitik aussprechen.

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