„Positionspapier – Systemakkreditierung“

  • 4.7. Antrag A042-07: „Positionspapier Systemakkreditierung“
  • Antragsteller: Ausschuss Studienreform Die 42. fzs-Mitgliederversammlung möge beschließen:

Durch die zunehmende Anzahl von Hochschulen im Prozess der Systemakkreditierung ist es notwendig, sich noch einmal kritisch mit dieser Art der Akkreditierung auseinanderzusetzen, da bei aller berechtigter grundsätzlicher Kritik die ebenfalls unausgereifte Programmakkreditierung der Systemakkreditierung noch vorzuziehen ist. So sind nach einer Erhebung von studis-online.de – auf Basis des Hochschulkompasses – derzeit im Bundesschnitt lediglich 37,2 % der Studiengänge in einer Programmakkreditierung der Prüfung unterzogen worden. Die Akkreditierung ist bisher in der BRD (leider) das sichtbarste Element der Bologna-Reform. Die Einhaltung von Mindeststandards sollte gewährleistet werden. Vielfach wird die Programmakkreditierung jedoch missbraucht, um formalisierte Aspekte in Studiengänge zu integrieren ohne das spezifische Gesamtkonzept eines Studiengangs im Auge zu behalten. Die restriktive Praxis in der derzeitigen Programmakkreditierung wird nicht zu einem vielseitigen Hochschulsystem mit intellektuell anspruchsvollen Studiengängen führen. Ideen zur Gestaltung von Studiengängen, die spezifisch für die individuelle Ausgestaltung des Studiums sind, werden in einer durch Strukturrichtlinien gekennzeichnete Reform nicht gedacht. Der Bologna- Prozess darf sich in der BRD nicht auf die Vergleichbarkeit von Abschlüssen beschränken. Dies hat der fzs bereits im Positionspapier „Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und -entwicklung – Kritik am derzeitigen Akkreditierungswesen” festgestellt. Die Systemakkreditierung schreibt kein System vor, an dem die Hochschulen ausgerichtet werden, sondern überprüft das Steuerungs- und Qualitätssicherungssystem der betrachteten Hochschule auf dessen Funktionalität. Allerdings muss das System der Hochschule für eine erfolgreiche Akkreditierung nur aufgebaut, aber noch nicht etabliert sein. Dieser Zustand wird von den Studierenden als unhaltbar angesehen. Eine Systemakkreditierung muss voraussetzen, dass die Instrumente der Qualitätssicherung und -entwicklung an der Hochschule etabliert sind und kontinuierlich verbessert werden. So lassen beispielsweise Programmstichproben nur dann einen Rückschluss auf das Funktionieren eines Qualitätsmanagementsystems zu, wenn die Programme entweder nach seiner Einrichtung entwickelt oder nachweislich verändert worden sind. Nur auf diesem Weg kann mit den Mitteln einer Systemakkreditierung die Qualität der Lehre verbessert werden. Immer mehr Hochschulleitungen entscheiden in letzter Zeit, dass eine Systemakkreditierung angestrebt werden soll, ohne eine eigene Vorstellung von Qualität zu haben. Häufig wird aus Sicht der Hochschulleitungen vor allem eine Kostenersparnis von der Systemakkreditierung erwartet und die externe Zertifizierung der Qualität der eigenen Studienprogramme und Qualitätssicherungswerkzeuge vernachlässigt. Der Grund für das verstärkte Interesse an der Systemakkreditierung ist ein vereinfachter Akkreditierungsprozess, den der Akkreditierungsrat mit Beschlüssen vom 10. Oktober 2010 und vom 7. Dezember 2011 eingerichtet hat. Eine niedrigere Einstiegshürde führt in diesem Fall nicht zu einer höheren Qualität, sondern zu einer noch früheren Einflussnahme der Akkreditierungsagenturen auf das zu entwickelnde Qualitätssicherungssystem. Dieser Schritt wird von den Studierenden nicht befürwortet. Alle Studierenden sollten ihr Studium frei gestalten können und seine Schwerpunkte gemäß ihrer Interessen wählen. Eine Differenzierung des Studienangebots der Hochschulen ist aus diesem Grund unbedingt notwendig. Das Potential jedes Studienganges sollte durch eine Beratung externer Experten*innen der Hochschulleitung und den Programmverantwortlichen regelmäßig bewusst gemacht werden. Ein Gewinn für die Qualität der Studiengänge war die Einführung der studentischen Gutachter*innen im Akkreditierungsprozess. Bei der Systemakkreditierung ist zu befürchten, dass – auf Grund der weich formulierten Vorgaben – die externe und vor allem die studentische Begutachtung auf ein Minimum zurückgefahren wird. Eine regelmäßige externe Begutachtung aller Studiengänge ist sicherzustellen. Die Beteiligung von Studierenden in allen Schritten der Qualitätssicherung ist zugunsten der Qualität der Studiengänge zwingend notwendig. Weiterhin sind wir der Überzeugung, dass Qualität nicht nur periodisch überprüft und gesichert, sondern der Qualitätsbegriff kontinuierlich weiterentwickelt werden muss. Es liegt nahe, dass Hochschulen erst in der Phase der Systemakkreditierung ein eigenes Verständnis für Qualität entwickeln und Qualität in der Lehre definieren. Hochschulen können nicht ohne die Beteiligung von Studierenden Qualität des Studiums definieren. Die Beteiligung der demokratisch legitimierten Studierenden an der Qualitätsentwicklung ist somit zusätzlich zwingend erforderlich. Wenn die Systemakkreditierung dazu führt, dass nicht mehr eine Liste mit Mindeststandards abgearbeitet, sondern dass die Qualität jedes einzelnen Studiengangs kontinuierlich verbessert wird, begrüßen dies die Studierenden und stehen einer Systemakkreditierung positiv gegenüber. Jedoch kann dies mit dem aktuellen System nicht gewährleistet werden! Sollte die Systemakkreditierung einer Hochschule jedoch nur zur Folge haben, dass die Hochschulleitung fünf beziehungsweise sechs Jahre Verwaltung ohne externe Überprüfung verwalten kann, lehnen die Studierenden diese vehement ab. Die externe Begutachtung hat sich auch außerhalb von Akkreditierungsverfahren bewährt und muss daher integraler Bestandteil einer systemakkreditierten Hochschule im Regelbetrieb zur eigenen Reflexion sein. Ohne einer garantierten Beteiligung der Studierenden an allen Prozessen der Qualitätssicherung und -entwicklung kann die Systemakkreditierung nicht zu einer positiven Wende in der Hochschullandschaft führen. Die sogenannte Qualitätsmanagementmechanismen in der derzeitigen Form der Systemakkreditierung laufen stets Gefahr, zu einer ständigen Kontrolle der Lehrenden und einer Verwettbewerblichung der Lehre zu führen. Dies ist in aller Entschiedenheit abzulehnen und nach Kräften zu verhindern!