Awareness-Konzept des freien zusammenschluss von student*innenschaften (fzs)

„awareness“/„to be aware“ sind englische Begriffe und bedeuten so viel wie „Bewusstsein“/„sich bewusst sein“. In Situationen des Beieinander-Seins von Menschen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Ethnien, Kulturen, Religionen und weiteren kategorialen Unterscheidungsmerkmalen wird der Begriff als Aufruf an geeigneten Umgangsformen sowie Regeln der Kommunikation verwendet. Ein Awareness-Konzept strebt einen respektvollen und achtsamen Umgang miteinander an. Dieses Ziel wird versucht zu erreichen, indem dazu aufgefordert wird, sich mit seinem eigenen Verhalten auseinander zu setzen und es nach einem möglichen Fehltritt zu reflektieren. 

Wozu ein Konzept?

Im freien zusammenschluss von student*innenschaften treffen Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Wertvorstellungen aufeinander. Ein Awareness-Konzept soll sicherstellen, dass alle Beteiligten bei fzs-Veranstaltungen (etwa Mitgliederversammlung, Sitzungen, Kongressen und Seminaren) ein geteiltes Verständnis haben und verstehen, dass Heterogenität und Diversität bisweilen auf Ignoranz, Gleichgültigkeit oder sogar auf Hass und Unverständnis treffen kann. Sich diesem Verhalten zu entledigen und sich einem Zustand von Gleichberechtigung und Gleichbehandlung zu nähern, stellt für viele Teilnehmer*innen eine Herausforderung dar. Nicht selten kommt es zu Verletzungen persönlicher Grenzen. Diskriminierung(en) können vorsätzlich oder aufgrund von fehlendem Wissen verübt werden. Umso wichtiger ist es sich hierbei bewusst zu machen, ob, wann und wie man sich in einer Machtposition gegenüber einer anderen Person befindet. Ein Weg wie wir als Verband versuchen Machtpositionen aufzulösen (obgleich das nie ganz möglich ist) sind quotierte Redelisten im Plenum.

Privilegien kommen auf verschiedenen strukturellen, institutionellen und gesellschaftlichen Ebenen zum Vorschein. Diese Privilegien richten und ordnen sich an die gesellschaftlichen Wertvorstellungen und Normen eines diskriminierenden gesellschaftlichem Systems unter und haben je nachdem einen positiven oder negativen Einfluss zur Folge. Eine geringe bis gar keine Auseinandersetzung der eigenen Privilegien und daraus folgenden Machtpositionen hat die Konsequenz, dass andere Menschen benachteiligt und diskriminiert werden und diskriminierende Strukturen aufrechterhalten bleiben. Deshalb fordern wir zu einer selbstverantwortlichen Reflektion der eigenen Position auf, um Diskriminierungen entgegenzuwirken und Strukturen dahingehend diskriminierungsärmer zu gestalten. 

Wahrnehmung von Diskriminierung

Unser erklärtes Ziel ist es im fzs e.V. dafür zu sorgen, dass sich keine Person in ihren Handlungsfähigkeiten eingeschränkt sieht (solange diese niemandem schaden), sich alle ernst genommen und gehört fühlen um zufrieden und (nach eigenem Ermessen) erfolgreich an Veranstaltungen teilnehmen zu können. Die persönlichen Grenzen einer jeden Person gilt es zu beachten. Dementsprechend richtet sich die Definition einer Grenzverletzung in einem spezifischen Fall nach der Person, dessen Grenzen verletzt worden sind. Für jeden Menschen liegen die Grenzen anders. Im Folgenden werden drei Beispiele diesbezüglich aufgeführt, in denen wir Diskriminierungen und Handlungsempfehlungen aufzeigen. 

Beispiele

Behinderung: Fragen nach Umständen von körperlichen oder kognitiven Behinderungen einer Person müssen keinen willentlich diskriminierenden Hintergrund haben. Jedoch gibt es eigentlich keinen Grund, weshalb man dies erfragen muss. Teilnehmende können sich darauf verlassen, dass die Bedürfnisse von z.B. Menschen die Rollstühle nutzen, bei der Anmeldung abgefragt werden, und das Orga-Team in Kommunikation mit Menschen steht, die Bedürfnisse geäußert haben und darauf eingegangen wird. Ein aktives Nachfragen nach z.B. einer Behinderung vor Ort ist also nicht nur nicht nötig, sondern kann dazu führen, dass sich Menschen unwohl und „ge-othered“ fühlen. Das bedeutet, dass man ein Gefühl des Anders-Seins, auch des Nicht-dazugehörens auslöst. 

Herkunft

Fragen nach der Herkunft oder kulturbedingte Fragen sind nicht angebracht oder nötig. Sie eignen sich auch nicht als Gesprächsöffner, bei einer anfänglichen Kennenlern-Phase. Die Aussprache oder Schreibweise eines dir unbekannten Namens kann jedoch erfragt werden. Andere Fragen nach der Herkunft oder Identität sind sehr persönlich und können für manche Personen bereits als Grenzüberschreitung empfunden werden, weil sie ein „Anderssein“ implizieren und zuschreiben. Darüber hinaus ist die Information in den allermeisten Fällen nicht nötig, außer die betreffende Person möchte diese Information teilen, weil man sie selbst für relevant hält.

Geschlechtsidentität

Der fzs e.V. steht für Geschlechtervielfalt und Gleichberechtigung ein. Jeder Person steht es zu sich auf allen Veranstaltungen des fzs e.V. die bevorzugten Pronomen anzugeben. Nach diesen haben sich alle zu richten. Ein willentliches Missachten der Pronomen ist für die betroffene Person beleidigend und sehr verletzend. Dies ist konsequent in jedem Fall zu verhindern. Man kann in jedem Fall Pronomen nachfragen („Darf ich dich fragen, welche Pronomen du nutzt?“) aber z.B. nicht welcher Geschlechteridentität man sich zugehörig fühlt („Bist du ein Mann?“). Ersteres ist relevant für einen respektvollen Umgang im Plenum, letzteres ist nicht relevant, außer die Person möchte diese Information teilen.

Es gilt im Allgemeinen die Faustregel: Wenn die betroffene Person nicht selbstständig über Aspekte ihrer gesellschaftlichen Position erzählt, sollte sich nicht das Recht herausgenommen werden eben jene selbstständig anzusprechen. 

Die angemessene Reaktion 

Die Abwertung bestimmter Aspekte einer Person finden im Übrigen nicht nur auf verbale Art und Weise statt. Auch ein Ignorieren, ein „Die-Augen-Verdrehen“, Schnauben oder verächtliches Gelächter sind Formen von Ausgrenzung, Herabsetzung und Diskriminierung, welche es zu vermeiden gilt. Jede Person hat das Recht ein Fehlverhalten des Gegenübers zur Sprache zu bringen. Es ist angemessen, auch für andere Mitglieder einzustehen, es sollte aber vorher mit der betroffenen Person abgesprochen werden, ob ein Einschreiten oder Ansprechen gewünscht ist. Sitzungen, welche online abgehalten werden, bergen die Gefahr, dass Reaktionen auf Aussagen aufgrund fehlender Mimik sowie Gestik nicht erkannt werden können. Es kann auch sein, dass der Mut fehlt ein Fehlverhalten oder Unwohlsein anzusprechen, die Befürchtung aufkommt hiermit den geplanten Verlauf der Veranstaltung unverhältnismäßig aufhalten könnte. Die Frage ist, ob wir vulnerable Personen in die Position drängen, sich für eine Unterbrechung rechtfertigen oder anderweitig ob ihrer Identität oder Betroffenheit erklären zu müssen. Wir versuchen uns zu bemühen es nicht zu Situationen kommen zu lassen in denen Betroffene genötigt werden Nachfragen zu stellen oder Sachverhalten klarzustellen. Damit es nicht dazu kommt sind im Folgenden ein paar wenige Beispiele aufgezählt, welche zu einer reibungslosen Sitzung führen können:

  • „Sind alle Anwesenden mit der Wortwahl xy einverstanden?“ 
  • „Falls ich Deinen Namen falsch ausgesprochen habe, wäre es toll, wenn du mich korrigieren könntest.“ 
  • „Ich hoffe das ist die richtige Bezeichnung für Umstand/Krankheitsbild xy. Falls es wer besser oder genauer weiß, bitte ich um eine Rückmeldung.“ 
  • „Fühlen sich alle mit folgender Formulierung (…) angesprochen?“

Im Allgemeinen gilt es Redner*innen aussprechen zu lassen jedoch kontroverse Aussagen nicht einfach hinzunehmen. Auch ein Unterbrechen kann verletzend und respektlos sein. Der fzs e.V. hat den Anspruch ein Ort des Miteinanders und des Austausches zu sein. Meinungsverschiedenheiten und Differenzen gehören hier natürlich dazu.

Barrierearmut

Um die aktive Teilnahme aller Interessierten bei Veranstaltungen und Sitzungen des fzs e.V. zu ermöglichen sind überdies gemäß der Antidiskriminierungsvorschrift des Verbandes verschiedene Maßnahmen zu treffen. So ist sicher zu stellen, dass bei Veranstaltungen alle Tagungsräume und für die Teilnahme notwenigen Bereiche – zum Beispiel die Toiletten, die Essensräume, sowie Freizeit- und Ruheräume – möglichst barrierearm sind. Das bedeutet, dass diese Räume mit dem Rollstuhl zu erreichen sind und dass ggf. auf andere Anforderungen an diese Räume oder an die Sitzung Rücksicht genommen werden muss. Dies kann beinhalten, dass Unterlagen in Braille oder in digitalisierter Form bereitgestellt werden oder dass bei Treffen Gebärdendolmetscher*innen eingesetzt werden, falls diese benötigt werden. 

Kinderbetreuung

Um erziehungsberechtigte Personen von Kindern die Teilnahme an Sitzungen und Seminaren zu ermöglichen ist es darüber hinaus essenziell die Möglichkeit einer Kinderbetreuung auf allen Veranstaltungen sicher zu stellen. Das bedeutet, dass es bei Veranstaltungen des Verbandes die Möglichkeit gibt Kinder für einen kurzen Zeitraum oder für die gesamte Länge der Veranstaltung an geschultes Personal zu übergeben. Eine Einrichtung der Kinderbetreuung nur nach vorheriger und fristgerechter Anmeldung des Bedarfs ist hinsichtlich des hohen organisatorischen Aufwands zulässig und Voraussetzung. Sollte eine Betreuung ausnahmsweise nicht möglich sein, bspw. weil bei kleineren Seminaren die Infrastruktur nicht vorhanden ist, so ist dies offen und rechtzeitig zu kommunizieren. 

Toiletten

Auf allen Veranstaltungen des fzs e.V. sind Tampons, Binden, etc. auf den Toiletten auszulegen oder anderweitig kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren soll es auf fzs-Veranstaltungen (wo möglich) keine binäre Toilettenaufteilung geben da diese der Geschlechtervielfalt nicht gerecht wird. Zumindest angeboten werden Frauen/FLINTA und offene/all gender Toilettenräume. Des Weiteren ist es wünschenswert auch die vorhandene Toilettenart zu kennzeichnen (bspw. „sitzen & stehen“ / „sitzen“).

Eure Möglichkeiten

Die Antidiskriminierungsbeauftragten der fzs stehen für Euch und Eure Anliegen und Belange immer zur Verfügung. Auf jeder jährlichen Mitgliederversammlung ist mindestens eine Ansprechperson und in den meisten Fällen ein Awareness-Team der gastgebenden Universität zugegen. Eine weitere Erläuterung zu den Arbeitsbereichen und persönlichen Selbstvorstellungen der jeweiligen Antidiskrimierungsbeauftragen mit den jeweiligen Antidiskrimierungsschwerpunkten findet ihr auch auf der offiziellen Website des fzs: www.fzs.de/antidiskriminierungsbeauftragte. Wir arbeiten als Team eng zusammen. Falls Ihr eine bestehende Problematik öffentlich thematisieren wollt, könnte Ihr jederzeit ein Plenum eröffnen und/oder Euch direkt an den Vorstand wenden. Bei weiteren allgemeinen Fragen hinterlasst gerne eine E-Mail an anti-dis [at] fzs.de!