Positionspapier Forschungspolitik

Forschungsförderung – Was soll gefördert werden?

Die Frage danach, was gefördert wird, haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hinlänglich beantwortet. So verweist das BMBF im Bundesbericht Forschung und Innovation 2008 maßgeblich auf die Hightech-Strategie oder die Exzellenzinitiative.

Die DFG listet in ihrem Förder-Ranking 2006 in Tabellen die von der DFG gewährten Drittmittel der einzelnen Fachgebiete in Gegenüberstellung zu den Gesamtdrittmitteleinnahmen auf. Von Interesse sind diese Tabellen, wenn man z.B. die Drittmittel der Geisteswissenschaften mit denen der Medizin vergleicht. Unter Geisteswissenschaften werden hier alle Kulturwissenschaften, Geschichtswissenschaften, Literatur-, Theater- und Medienwissenschaften, Theologie usw. subsummiert. Unter dem Fachbereich Medizin werden die Mikrobiologie, Virologie, Immunologie, die originäre Medizin und die Neurowissenschaften zusammengefasst. Die Geisteswissenschaften erhalten hierbei 8,7% der gesamten DFG-Mittel, die Medizin 19,7% und damit 405,9 Mio. Euro mehr als die Geisteswissenschaften.

Wenn man nun die Gesamt-Drittmitteleinwerbung betrachtet, wird das Bild noch deutlicher: Hier entfällt auf die Geisteswissenschaften ein Anteil von 4,8% (476 Mio. Euro), wohingegen 26,8% (2.630,1 Mio. Euro) auf die Medizin entfällt. Einerseits ist es einleuchtend, dass ein Fach wie die Medizin gegenüber den Geisteswissenschaften deutlich höhere Ausgaben aufweist. Das ist schon durch die Finanzierung der kostenintensiveren Forschungsgeräte nachvollziehbar. Doch betrachtet man die personelle Aufstellung der Fächer, so fällt auf: Allein bei den von der DFG untersuchten Hochschulen stehen 3.340 ProfessorInnen in der Medizin 4.111 ProfessorInnen in den Geisteswissenschaften gegenüber. Daraus ergibt sich, dass ProfessorInnen in der Medizin überdurchschnittlich viele Drittmittel einwerben. Wenn man zusätzlich noch die Anzahl der Studierenden hinzuzieht ergibt dies: 480 261 Menschen studieren eine Geisteswissenschaft wohingegen 108 614 Menschen Medizin studieren. Daraus ergibt sich eine Betreuungsrelation zuungunsten der GeisteswissenschaftlerInnen.

Dieses beschriebene Ungleichverhältnis wird durch die Anzahl der Stellen im akademischen Mittelbau weiter verschärft. 8577 Mittelbaustellen in den Geisteswissenschaften stehen 37700 Stellen in der Medizin gegenüber. Hieraus ergibt sich, dass die Unterfinanzierung der Geisteswissenschaften durch eine an Drittmitteleinwerbung orientierte Forschungsförderung weiter verschärft wird.

Doch auf die Frage, warum die einzelnen Fachgebiete in dieser Weise gefördert werden, geben die beiden Hauptfinanziers der Forschungspolitik keine Antwort. Das BMBF versteckt sich hinter Aussagen wie „Die Förderung von Wissenschaft und Forschung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung muss sich daran messen lassen, welchen – insbesondere auch langfristigen – Nutzen dieser Einsatz öffentlicher Mittel für die Gesellschaft hat und wie dieser Nutzen auf lange Sicht erhalten werden kann.“.

Die DFG hingegen spricht vom Wettbewerb an den Hochschulen und stärkerer Differenzierung statt der „Orientierung am alten Leitbild der allumfassenden Universität“. Im Folgenden wird dann noch der hohe Wert der „erkenntnisorientierten“ Forschung hervorgehoben. Von der freien Wirtschaft gibt es meist keine Erklärung für ihre Forschungsfinanzierung.

Das wohl prägnanteste Beispiel für einseitige Forschungsfinanzierung stellt die „Hightech-Strategie“ dar. In den Jahren 2006 bis 2009 investiert der Bund 14,6 Mrd. Euro in die Erforschung und den Ausbau der „17 Hightech-Sektoren“. Diese Hightech-Sektoren sind unter anderem die mit 640 Mio. Euro geförderten Nanotechnologien oder auch die Biotechnologie, die immerhin 430 Mio. Euro erhält.

Eine Forschungsförderung zuungunsten der Geisteswissenschaften, in denen die allermeisten Studierenden immatrikuliert sind und Forschungsvorhaben anstreben, widerspricht den Ansprüchen vieler junger Menschen auf gesellschaftswissenschaftliche Forschung.

Daher fordert der fzs:

  • Ergebnisoffenes Forschen nachhaltig fördern!

Ergebnisoffene Forschung muss ebenso Unterstützung finden wie ergebnisorientierte Forschungsvorhaben. Ergebnissorientierung erschöpft sich nicht in Wirtschafts- und Arbeitsmarktrelevanz. Nur ergebnisoffene Grundlagenforschung kann neue Forschungsfelder erschließen und diese für die Entwicklung der Gesellschaft nutzbar machen.

  • Verwertbarkeit darf nicht das einzige Kriterium sein!

Verwertbarkeit verstehen wir nicht im Sinne kurzfristiger Nutzenerwägungen bestimmter Interessengruppen, sondern im Sinne eines nachhaltigen Angehens gesellschaftlicher Bedürfnisse und Probleme. Technische und medizinische Errungenschaften entspringen der menschlichen Natur und sind notwendig für den Fortschritt einer Gesellschaft. Den kantischen Fragen
– Was können wir wissen?
– Was sollen wir tun?
– Was dürfen wir hoffen?
– Was ist der Mensch?
stellen sich alle wissenschaftlichen Disziplinen, und alle tun dies mit eigenen Methoden. Daher tragen alle Disziplinen zum gesellschaftlichen Fortschritt bei und erlangen hierdurch ihre Begründung. Die Forschung in allen Forschungsbereichen soll gerecht finanziert werden, dabei muss allerdings die ethische Dimension berücksichtigt werden. Denn die Frage danach, welche Forschung nachhaltigen Fortschritt ermöglicht, darf nicht untergehen in finanzieller Verknappung und marktwirtschaftlichem Kalkül.

Forschungsfinanzierung

Der Forschungsfinanzierung in der Bundesrepublik liegt eine elementare Unterscheidung zu Grunde, namentlich die zwischen Grundmitteln und Drittmitteln. Grundmittel sind die vom Staat bereitgestellten Finanzmittel, die zum größten Teil nach dem Indikator Auslastung vergeben werden. 80% dieser pauschal gezahlten Gelder entfallen hierbei auf die Deckung von Personalkosten.

Dem gegenüber stehen die Drittmittel. Diese sind keine regulären Gelder und können von den GeberInnen sowohl zeitlich befristet als auch programmgebunden bereitgestellt werden. Da diese Mittel stark begrenzt sind, werden die Gelder nach wettbewerblichen Mechanismen vergeben. In diesem Kontext ist zu beachten, dass die selektiv vergebene Drittmittel im Vergleich zu Grundmitteln einen immer höheren Anteil an der Forschungsfinanzierung einnehmen. So kamen 1993 auf 100 Euro Grundmittel 13,6 Euro Drittmittel. Nur zehn Jahre später, waren es auf 100 Euro Grundmittel bereits 20,6 Euro Drittmittel.

Im Zusammenhang mit der Novellierung des § 25 des Hochschulrahmengesetz (HRG) im Jahr 1985 ist hier ein Negativtrend zu erkennen, Hochschulen in einen künstlichen Wettbewerb zu drängen. Der „neue“ § 25 sieht vor, dass Drittmittelprojekte nicht länger von den Gremien der akademischen Selbstverwaltung genehmigt werden müssen. Stattdessen ist ein Rechtsanspruch geschaffen worden, der den ProfessorInnen die Möglichkeit gab (und gibt), eingeworbene Drittmittelprojekte losgelöst von jeglicher Kontrolle eigenverantwortlich zu verwalten.

Neben der Tatsache, dass die HochschullehrerInnen durch diese Gesetzesänderung in einen direkten Konkurrenzkampf um Drittmittel entlassen wurden, spielt in diesem Zusammenhang auch die Verquickung von Forschung und Lehre eine wichtige Rolle. So entspricht es dem Humboldtschen Bildungsideal, diese beiden universitären Säulen miteinander zu verbinden. Forschungsergebnisse können die Lehre aktualisieren und somit eine Praxisbezug herstellen. Die Studierenden müssen daher die Möglichkeit haben, über das Für und Wider solcher Forschungsvorhaben, vor allem mit Blick auf die Finanziers, zu beschließen.

Die Rolle der DFG als größte Drittmittelgeberin gerät zunehmend ins Wanken. An die Stelle dieser Institution, die ihre Gelder aus staatlichen Mitteln (Bund-Länder-Finanzierung) erhält, treten immer mehr private Unternehmen. So hat sich der Anteil der Drittmittel aus der gewerblichen Wirtschaft in den letzten 25 Jahren mehr als verdreifacht und erreicht 2006 einen Anteil von 26,5%. Der DFG-Anteil im gleichen lag bei Jahr 30,8 %. Generell ist eine jährliche Steigerung der Gelder aus der Privatwirtschaft um rund 3,67 % zu verzeichnen.

Hier erkennt man einen deutlich Paradigmenwechsel in der Forschungsfinanzierung. Forschung soll nicht länger durch vom Staat geleistete Grundmittel ausfinanziert werden; vielmehr spielen Drittmittel, und von diesen Mitteln diejenigen aus der Privatwirtschaft, eine immer größere Rolle. Der Wettbewerb nimmt somit einen immer größeren Platz in der Akquirierung benötigter Finanzmittel ein.

Diese Entwicklung eröffnet jedoch nur für einen kleinen Teil der Hochschulen die Möglichkeit, über Drittmittel die Forschung nachhaltig zu stärken. Im Gegenteil werden die künstlichen Unterschiede, die in Verfahren wie z.B. der Exzellenzinitiative offen gelegt werden sollten, verfestigt. Betrachtet man die Drittmittelvergabe der DFG genauer, so erkennt man: Die „TOP 20“ der Hochschulen, also die 20 Hochschulen, die die höchste Fördersumme einwerben, erhalten bereits 59 % der von der DFG zur Verfügung gestellten Mittel, „die 40 bewilligungsstärksten Hochschulen schließlich 86 %“. Die übrigen 316 Hochschulen erhalten somit einen Anteil aus den verbleibenden 14 % der DFG-Gelder. Da die Einwerbung dieser zusätzlichen Finanzquellen immer grundlegender für die jeweiligen Forschungsstandorte ist, ist eine steigende Herausbildung von Hierarchien unter den Hochschulen die unweigerliche Folge.

Weitere Auswirkungen, die Drittmittel entfalten können, zeigen sich derzeit in einer Vielzahl von Bundesländern. So vergeben die Landesregierungen die Grundmittel der Hochschulen über die sogenannte leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM). Hierbei werden diverse Indikatoren, unter anderem eben die Höhe der eingeworbenen Drittmittel, als Maßstab für die Verteilung von Grundmitteln genutzt.

In die gleiche Kerbe schlägt das „Programm zur Finanzierung von Programmpauschalen“, die zweite Säule des Hochschulpakts 2020. Demnach sollen im Zeitraum von 2007 bis 2010 insgesamt bis zu 703,5 Mio. Euro von Bund und Ländern für Forschungsprojekte zur Verfügung gestellt werden. Im ersten Jahr trägt der Bund die Kosten zu 100 %. Hierbei geht es nicht um die direkte Finanzierung von Forschungsprojekten, sondern um eine Sonderfinanzierung von Kosten, die von Forschungsprojekten verursacht, diesen aber nicht zugerechnet werden. 2007 bezogen sich solche Leistungen ausschließlich auf von der DFG geförderte Projekte. So erhielten Hochschulen 20 % dessen, was die DFG an Geldern für Sonderforschungsbereiche, Forschungszentren und Graduiertenkollegs bereitstellte, vom Bund zusätzlich. Ab 2008 ist die Zahlung von Sonderleistungen um das Emmy-Noether-Programm und das Leibniz-Programm erweitert worden.

Daher fordert der fzs:

  • Forschungsfinanzierung muss Aufgabe von Bund und Ländern bleiben!

Staatliche Mittel müssen die Ausfinanzierung von Forschungsunternehmungen gewährleisten. Gelder des DFG dürfen nicht dem regulären Etat für staatlichen Forschungsfinanzierung entnommen werden.

  • Keine marktorientierte Forschungsfinanzierung!

Die Mittelvergabe für Forschung darf nicht an marktwirtschaftliche Indikatoren gebunden sein. Vielmehr sind faire Anreizsysteme zu etablieren, die fachspezifische Besonderheiten berücksichtigen. Außerdem dürfen kurzfristige Nutzenerwägungen einzelner Interessengruppen bezüglich der Forschungsergebnisse kein Kriterium darstellen.

  • DFG-Mittel als Zusatzleistungen!

Die Gelder der DFG dürfen keine notwendige Grundfinanzierung darstellen. Forschung muss auch ohne sie möglich sein.

  • Forschung muss frei sein!

Privatwirtschaftliche MittelgeberInnen dürfen die Forschungsfinanzierung nicht dominieren. Eine Vorherrschaft der privatwirtschaftlichen Mittelgeber birgt die Gefahr, dass Forschungsinhalte zu stark reglementiert und wirtschaftliche Verwertbarkeit bei der Förderung zu sehr im Vordergrund steht. Sie darf daher nicht mehr als eine Zusatzfinanzierung darstellen.

  • Drittmittelprojekte zurück in die Kontrolle der akademischen Selbstverwaltung!

Um ein Mindestmaß von Mitbestimmung zu wahren, dürfen Beschlüsse über Drittmittelprojekte nicht der Kontrolle der akademischen Selbstverwaltung entzogen werden. Dies ist gerade im Hinblick auf die Verquickung von Hochschulforschung und Lehre absolut notwendig.

  • Möglichkeiten zur Drittmitteleinwerbung durch Studierende und Promovierende schaffen!

Auch StudentInnen und Promovierende muss die Möglichkeit gegeben werden (unter anderem bei der DFG), Drittmittel für eigene Forschungsvorhaben einzuwerben. Eine solche Möglichkeit fördert eigenständiges Arbeiten und macht junge Forscherinnen und Forscher vom „guten Willen“ der ProfessorInnen unabhängig. Allerdings darf Drittmittelwerbung nicht zum Zwang werden.

Die Exzellenzinitiative – Anfang vom Ende der wissenschaftlichen Breitenförderung

Ziel der Exzellenzinitiative war ursprünglich ein hochschulisches Förderprogramm durch die Einnahmen, die dem Bund durch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen entstanden waren, aufzulegen. Um dies zu realisieren, hat man ein Instrumentarium wettbewerblicher Verteilung geschaffen, das die Grundlage für eine Differenzierung des Hochschulsystems in Elitestandorte und Mittelklassehochschulen legen soll. Ein solcher Weg birgt zahlreiche Gefahren, was die Verschärfung der sozialen Selektivität (z.B. durch Auswahlverfahren) für Studierende betrifft, und gefährdet das deutsche Wissenschaftssystem insgesamt. „Begrifflich bedeutet Exzellenz den Abschied von der das deutsche Universitätssystem traditionell prägenden Vorstellung, dass alle Universitäten im Grundsatz gleich sind. Wenn man einige heraushebt, so ist das nur möglich um den Preis, dass die anderen herabgestuft werden. Die einen sind exzellent, die anderen nicht. Nicht mehr hohe Qualität in der Breite ist das wesentliche Ziel der Hochschulpolitik, sondern „Weltklasse“ bei einzelnen Institutionen, den sog. „Leuchttürmen“ der Wissenschaft.“ Auch vor der Exzellenzinitiative waren die Hochschulen faktisch nicht gleich, diese Ungleichheiten dürfen allerdings nicht verschärft werden.

„Das deutsche Universitätswesen steht vor einer dauerhaften Aufspaltung in zwei Typen von Universitäten, Forschungs- und Ausbildungsuniversitäten. An den Ersteren wird die Forschung konzentriert, Letztere werden kaum noch forschen, sondern (wie heute schon die Fachhochschulen) zügig auf einen Beruf hin ausbilden.“ Dies hängt damit zusammen, dass ohne die massive Mittelerhöhung die Ausbildung von Elitestandorten nur durch Mittelumschichtungen zuungunsten nicht-exzellenter Hochschulen zu erreichen ist. Durch die Konzeption der wettbewerblichen Mittelverteilung zeigt ohnedies die Erfahrung, dass bereits außergewöhnlich mittelstarke Hochschulen die Indikatoren des Wettbewerbs besser erfüllen als jene Hochschulen mit geringeren Mittelzuweisungen. In der Auswahl der Exzellenzhochschulen hat sich dieser Trend bestätigt. Statt dass die Exzellenzinitiative einen Wettbewerb zwischen allen Hochschulen um wissenschaftliche Exzellenz initiiert, hilft sie lediglich die Kapitalakkumulation an einigen ohnehin starken Standorten in wenigen Fachbereichen zu verstärken. Es werde eine Differenzierung geben zwischen „reinen Forschungsuniversitäten, die sich auch in der Ausbildung an den Anforderungen moderner wissenschaftlicher Forschung ausrichten, und es wird solche geben, die dies nur ansatzweise und in einzelnen Fächern versuchen, zuletzt solche, die diesen Anspruch erst gar nicht anstreben, und solche, die ihre Stärke eher in der Praxisorientierung suchen.“ Dies ist offensive Politik der Exzellenz-Befürworter.

Absolut gesehen, reichen die Mittel für die Exzellenzinitiative nicht annähernd, um eine tatsächliche finanzielle Besserstellung der bundesdeutschen Wissenschaftslandschaft zu erreichen. Die Gesamtmittel (1,9 Milliarden Euro auf fünf Jahre) kommen nicht an den Etat auch nur einer US-Amerikanischen Eliteuniversität heran, auch wenn solche weder in der Konzeption noch der konkreten sozialen Realität Vorbild für die BRD sein können und sollen. Tatsächlich wird lediglich die Ausbildung von international sichtbaren „Leuchttürmen“ dauerhaft durch Umschichtungen innerhalb der bestehenden Mittel zuungunsten anderer Hochschulen erreicht. Eine Finanzierung der Exzellenzförderung ist derzeit über das Jahr 2011 hinaus nicht geplant.

Die Spaltung in exzellente Forschungs- und durchschnittliche Lehrhochschulen wird Studierende massiv von der Beteiligung an Forschung ausschließen. Die Exzellenzinitiative ist geeignet, breite wissenschaftliche Diskurse zu vermeiden. Sie schafft vielmehr Elfenbeintürme, die Exklusivität über wissenschaftliche Effektivität stellen.

Studien zeigen, dass die Bedeutung des Standortes für die wissenschaftliche Bedeutung eines/einer ForscherIn mit zunehmender Relevanz moderner Kommunikationsmittel sinkt. Diesem Trend läuft die Exzellenzinitiative nach. Forschungsverbünde über Standorte hinaus, die heute Normalität sind, bleiben beim Exzellenzwettbewerb unberücksichtigt.

Von den 40 ausgezeichneten Graduiertenschulen gehören nur etwa sieben – zumindest teilweise – zu den Geistes- und Sozialwissenschaften. Bei den Exzellenzcluster ergibt sich ein noch deutlicheres Bild: Unter den ersten 20 Clustern war eines aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, unter den zweiten 20 waren es vier. Dies spiegelt die bisherige Mittelverteilungspolitik von vor der Exzellenzinitiative wieder. Obwohl in Geistes- und Sozialwissenschaften doppelt so viele Studierende eingeschrieben sind wie in Natur- und Technikwissenschaften und den Life-Sciences, bekommen sie nur die Hälfte des Geldes. Die Auswahlkriterien der Exzellenzinitiative bevorzugen naturwissenschaftliche Forschung, weil wegen der besseren wirtschaftlichen Verwertbarkeit mancher dieser Projekte bessere finanzielle Startbedingungen gegeben sind. Offensichtlich ist ein stärkeres finanzielles Engagement politisch nicht gewollt.

Ein Blick in die USA zeigt, dass ein Eliteuniversitätssystem die soziale Selektivität weiter verstärkt. Die Kinder der reichsten 2% der Bevölkerung der USA stellen genau so viele Studierende an höheren Universitäten, wie die unteren vier Fünftel. Tatsächlich ist dies auch zwangsläufige und gewollte Folge der hochschulpolitischen Entwicklung in Deutschland. Der Wissenschaftsrat argumentiert hierbei folgendermaßen: „Beispielsweise könnte an einer Hochschule in einem bestimmten Studiengang stark forschungsorientierte Lehre nur einem kleinen Kreis an Studierenden zugänglich sein, während an einer anderen Hochschule der freie Zugang zu einem ähnlichen Studienangebot als Wettbewerbsvorteil in Anspruch genommen wird.“ Auf diese Art und Weise könne ein „Zielkonflikt“ ausgeglichen werden, „der zwischen der Forderung nach Profilierung durch die Auswahl der besten Studienanfänger und der Forderung nach Erhöhung der Absolventenzahlen durch möglichst hohe Bildungsbeteiligung der jungen Generation auftreten kann.“ Eine weitere Diversifizierung des Hochschulsystems wird die Durchlässigkeit weiter verschlechtern und die soziale Zusammensetzung der Studierenden noch stärker zu Ungunsten von Kindern unterer Einkommensgruppen verschieben. Insbesondere besteht die Gefahr, dass im Zuge dessen starke Studiengebührenerhöhungen folgen und somit Studierende, die ihr Studium selbst finanzieren müssen, benachteiligt werden.

Daher fordert der fzs:

  • Das Prinzip der Breitenförderung in Wissenschaft und Forschung muss erhalten bleiben!

Eine Kapitalakkumulation an wenigen Hochschulstandorten ist nicht die Antwort auf die Wissensgesellschaft. Demgegenüber muss eine Forschungsförderung in der Breite betrieben werden, die auch Wissenschaftsverbünde jenseits von Standorten durch einzelne WissenschaftlerInnen berücksichtigt.

  • Geistes- und Sozialwissenschaften dürfen nicht durchs Raster fallen!

Hohen Studierendenzahlen in diesen Fächern stehen weiterhin zu geringe staatliche Mittel gegenüber. Wettbewerbliche Verteilungsmechanismen im Rahmen der Exzellenzinitiative, benachteiligen die Geistes- und Sozialwissenschaften per se und haben lediglich direkte wirtschaftliche Verwertbarkeit im Auge.

  • Gleichberechtigte Forschungsfinanzierung an allen Hochschulen!

Der Abfluss von Mitteln an so genannte Forschungs- und Exzellenzuniversitäten geht zwangsläufig auf Kosten der anderen Hochschulen und damit zu Lasten der akademischen Ausbildung breiter Bevölkerungsteile.

  • Studierende brauchen einen freien Zugang zu allen Hochschulen!

Einzelne Spitzenuniversitäten, die Studierende ausschließen, die nach fragwürdigen Kriterien als „nicht exzellent“ gelten, schaffen keine wissenschaftlichen, sondern soziale Eliten. Der Effekt einer intellektuellen Elitebildung wird verfehlt, stattdessen entzieht sich der Wissenschaftsbetrieb die Basis für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Geschlechtergerechtigkeit in der Forschung

Frauen sind in der Forschung sowohl als Forschungsobjekt als auch als Forschungssubjekt immer noch wenig präsent. Als Forscherinnen in Wissenschaft und Wirtschaft sind Frauen jeweils nur zu einen geringen Teil vertreten, 2003 waren lediglich 19,2 Prozent, der in Forschung und Entwicklung beschäftigten Personen, Frauen. Unterschiede in der Beteiligung von Frauen ergeben sich ebenfalls, wenn man sich die Beteiligung von Frauen an Forschung und Entwicklung in der Wirtschaft (12 Prozent) und an Hochschulen sowie Institute ohne Erwerbszweck (25 Prozent) betrachtet.

Die Gründe für diese Benachteiligung sind vielfältig. Noch vor wenigen Jahren versuchte man, die geringe Beteiligung von Frauen mit dem Argument „Frauen seien nicht qualifiziert genug“ abzutun. Angesichts der wachsenden Zahl von Frauen mit qualifizierten Abschlüssen bis hin zu Habilitationen, hat diese Argumention an Überzeugungskraft verloren. An ihre Stelle ist nun ein „Frauen wollen nicht“ getreten. Auch dies entspricht nicht den Tatsachen, stattdessen verhindern zahlreiche oft sehr subtile Mechanismen, dass Frauen in Forschungseinrichtungen einsteigen und in ihnen aufsteigen können.

Die Entwicklung des Wissenschaftsbereichs fand größtenteils unter Ausschluss von Frauen statt. Die einseitige Orientierung am Mann führte zu einer männlich geprägten Arbeitskultur, d.h. zu einer Arbeitskultur, die sich an männlichen Bedürfnissen und Lebensrealitäten orientiert. Lebensrealität war für Männer der Ernährerstatus innerhalb der Familie und für Frauen die Zuständigkeit für Familie und Haushalt. In Zeiten da dieses Modell der Einverdienerehe weder funktioniert noch von einem Großteil der Bevölkerung gut geheißen wird, wirkt es immer noch als Ideal in den Köpfen vieler Menschen und in unserem Sozialversicherungssytem weiter.

Erste Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Modell scheinen hier und da auf. Für Menschen, die in einer Partnerschaft leben wollen, in der sich beide PartnerInnen gleichberechtigt an Haus- und Erziehungsarbeit beteiligen und eine berufliche Karriere verfolgen, werden aktuell besonders stark belastet. Hier gilt es umzudenken und Möglichkeiten zu schaffen, die verschiedenen Lebensentwürfe zu berücksichtigen. Eine Möglichkeit besteht darin, alternative Arbeitsmodelle stärker anzubieten und attraktiver zu machen, denn diese Möglichkeit wird nur genutzt werden, wenn mit diesem Modell auch Aufstiegsmöglichkeiten verbunden sind. Daher ist es notwendig eine Arbeitskultur zu schaffen, in der Teilzeit- und Vollzeiterwerbsarbeit im Bezug auf Aufstiegschancen gleichberechtigt nebeneinander stehen.

Auch die Inhalte von Wissenschaft sind männlich dominiert. Aufgrund der geringen Beteiligung von Frauen in der Wissenschaft gingen größtenteils männliche Ideen in die Theoriebildung ein, d.h. Männer beschäftigten sich mit Themen, die für Männer relevant waren oder sie forschten über Männer und präsentierten dies als Forschung über den Menschen. Während der Entwicklung von Wissenschaft und Forschung wurden mindestens 50 Prozent der Menschen ausgeschlossen. Dass dies einen Einfluss auf den Forschungsgegenstand, die Forschungsmethoden und damit auch auf die Forschungsergebnisse hat, zeigt die Periodisierung in der Geschichte. Die Zeit der Französischen Revolution wird im Allgemeinen als ein wichtiger Schritt zur Gleichheit betrachtet. Dies stimmt allerdings nur, wenn man sich auf den männlichen Teil der Bevölkerung beschränkt. Den Männern wurde mit dem Code Napoleon Freiheit, Gleichheit und Schutz des Eigentums per Gesetz garantiert. Die Frauen hingegen erhielten diese Rechte nicht. Für sie führte der Code Napoleon zu stärkeren Einschränkungen. So wurde mit ihm der Ehemann zum Vormund der Frau bestellt und ihr Verdienst sowie ihre Ersparnisse zum Eigentum ihres Mannes erklärt.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass Geschichte und Wissenschaft stark von der Perspektive abhängt, aus der man sie erforscht. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sozialisationserfahrungen ist es notwendig, sowohl Frauen als auch Männer an Wissenschaft zu beteiligen, um sich der Wahrheit anzunähern.

Stereotype Vorstellungen über das, was Männer und Frauen Leisten können, welche Lebensplanungen und Prioritätensetzung sie haben, stellen das größte Problem bei der Gleichstellung der Geschlechter dar. Diese stereotypen Zuschreibungen werden über Sozialisationsprozesse vermittelt und dadurch von den Menschen verinnerlicht. Sie bestimmen oftmals unterbewusst sehr stark das Verhalten von Menschen. So belegen Studien, dass Männer als auch Frauen Männern generell mehr zutrauen als Frauen, was insbesondere bei der Bewertung von Eignung für bestimmte Positionen von hoher Bedeutung ist.

Über die gesamte wissenschaftliche Karriere hat die Förderung durch ProfessorInnen einen hohen Stellenwert. Auch hier spielen Stereotypen ein Rolle, wenn es darum geht zu entscheiden, welcher Student/welche Studentin gefördert bzw. im späteren Karriereverlauf für welchen Bewerber/welche Bewerberin man sich bei der Stellenbesetzung entscheidet. Eine wichtige Rolle spielt hier die Tatsache, dass Frauen grundsätzlich in der Lage sind, Kinder zu gebären. Es wird argumentiert, dass bei Frauen so potentiell die Gefahr besteht, dass sie für längere Zeit ausfallen könnten. In dieser Argumentation wird weder berücksichtigt, dass nicht alle Frauen Kinder bekommen möchten, ebenso wie dies nicht alle Männer möchten. Weiterhin wird auch nicht mitgedacht, und dies mag an der fehlenden Erfahrung aus der Praxis liegen, dass sehr wohl auch die Väter einen Großteil der Erziehungsarbeit auch in Form von Elternzeit in Anspruch nehmen könnten. Diese sehr eindeutige Rollenverteilung führt zum einen dazu, dass Männer bei der Personalwahl oftmals bevorzugt werden. Aber auch für Männer hat dies negative Auswirkungen, da zunehmend mehr Männer gewillt sind, sich stärker in die Familienarbeit einzubringen, stoßen sie häufig auf Unverständnis und Ablehnung, wenn sie dann auch tatsächlich in Elternzeit gehen.

Die Beteiligung von Frauen in der Forschung, insbesondere in derzeit noch männerdominierten Forschungsfeldern bringen das Geschlechterverhältnis, welches in „typisch männlich“ und „typisch weiblich“ aufgeteilt ist, ins Wanken. Pionierinnen in diesen Forschungsfeldern können Mädchen und Frauen ermutigen, sich für die Aufnahme eines Studiums und einer wissenschaftlichen Karriere in eher männerdominierten Bereichen der Forschung zu entscheiden. Frauen, die sich in der Forschung behaupten können, bringen so nicht nur eine weitere Perspektive in die Forschung, sie dienen gleichzeitig auch anderen Frauen als Vorbild sich auch in diese Bereich zu wagen.

Daher fordert der fzs:

  • Mehr Frauen in Personalauswahlkommissionen!

Zum Abbau von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts müssen stereotype Verhaltens- und Kompetenzzuschreibungen aufgebrochen werden. Dazu sollen MitarbeiterInnen im Forschungsbetrieb, insbesondere Mitglieder von Personalauswahlkommissionen an Weiterbildungsveranstaltungen teilnehmen, in denen eigene Geschlechterstereotype hinterfragt werden können und für Genderaspekte vor allem in Auswahl- und Rekrutierungsverfahren sensibilisieren.

  • Mehr Frauen für stark männerdominierte Forschungsfelder gewinnen!

Im Sinne einer Bereicherung der Perspektiven von wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen ist es notwendig, Maßnahmen zur Förderung von Frauen z.B. durch Mentoring-Programme zu ergreifen. Bei Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen in der Forschung ist es wichtig, dass diese nicht einseitig auf die männliche Normalbiographie und die vorherrschenden dominanten Kommunikationsweisen hin trainiert werden. Stattdessen muss eine Arbeitskultur etabliert werden, die Männern und Frauen zu fairem, konstruktivem und zielgerichtetem Handeln befähigt.

  • Eine neue Arbeitskultur in Wissenschaft und Forschung schaffen!

Ein Umdenken hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist auch in der Forschung nötig. Vollzeit- und Teilzeitarbeit müssen in Bezug auf Karrierechancen gleichberechtigt, unabhängig von Lebenskonzepten, nebeneinander bestehen.

  • Geschlechtergerechtigkeit muss als Grundsatz gelten!

Dies bedeutet zum einen, dass eine Beteiligung zu gleichen Teilen von Frauen und Männern in allen Bereichen von Wissenschaft und Forschung angestrebt wird. Zur Unterstützung einer gleichberechtigten Teilhabe sollen bis zur Erreichung diesen Ziels Quoten die ungleichen Ausgangschancen (stereotype Verhaltens- und Kompetenzzuschreibungen) ausgleichen.

  • Überprüfung aller Forschungsprojekte auf ihre Genderrelevanz!

Alle Forschungsprojekte müssen auf ihre Genderrelevanz hin überprüft werden. Dazu soll in allen Anträge zu Forschungsprojekten verpflichtend eine Analyse der Genderaspekte angefertigt werden bzw. eine Begründung, warum Genderaspekte in diesem speziellen Projekt keine Relevanz haben.

Einheit von Forschung und Lehre

Die Vorstellung der Einheit von Forschung und Lehre wie Wilhelm von Humboldt sie im 19. Jh. forderte, prägt die deutschen Hochschulen auch heute. Grundgedanke ist die Weitergabe von Wissen aus der Forschung und das direkte Einbeziehen des Forschungsprozesses und seiner Ergebnisse in die Lehre. Eine Lehre ohne Forschungsbezug verliert leicht den Bezug zur Praxis und hinkt dem Stand der Forschung und der wissenschaftlichen Diskussion hinterher. Eine solche Forschung läuft Gefahr, verschult und unkritisch verfestigte Lehrmeinungen wiederzugeben. Im Gegensatz dazu unterstützt eine forschungsbezogene Lehre einen pluralistischen Zugang zu Wissenschaft und fördert die eigenständige Auseinandersetzung der Studierenden mit ihrem Fach. Dies stellt auch eine Bereicherung und Reflexion des Forschungsprozesses durch die Studierenden dar.

Die deutschen Hochschulen setzen diesen Grundgedanken in unterschiedlichem Maße um. Eine Trennung dieser Typen erscheint aufgrund der gegenseitigen Bereicherung von Forschung und Lehre jedoch nach wie vor nicht sinnvoll. Ein stärkeres Ausklammern der Forschung an Fachhochschulen hat negative Auswirkungen auf die Qualität der Lehre. Es führt außerdem zu einer Diskriminierung sowohl Studierender als auch Lehrender an Fachhochschulen, wie sie in der schlechteren Ausstattung, der geringeren Entlohnung und einer Schlechterstellung auf dem Arbeitsmarkt gegenüber AbsolventInnen bzw. Lehrenden von Universitäten sichtbar wird. Die vielfach kritisierte hohe Selektivität des deutschen Bildungssystems setzt sich dadurch auch auf Hochschulebene fort.

Bereits durch die Umstellung auf das Bachelor- / Master-System an deutschen Hochschulen ist die Einheit von Forschung und Lehre in den Hintergrund gerückt. Bachelorstudiengänge erheben oftmals gar nicht erst den Anspruch, Forschung zu integrieren, geschweige denn, eine grundsätzliche Verknüpfung mit der Lehre zu gewährleisten. Der eingeschränkte Zugang zu Master-Studiengängen mit teilweise stärkerer Forschungsorientierung verhindert eine Teilhabe Studierender an der Forschung.

Zusätzlich verstärken einige Bundesländer diese Schieflage, indem Lehrprofessuren an Universitäten eingeführt werden (z. B. Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg). Ferner gibt es Pläne, Forschungsprofessuren an Fachhochschulen einzuführen. Dies bestätigt, dass die Aufteilung der deutschen Hochschulen in Fachhochschulen und Universitäten sich nicht bewährt hat. Eine Annäherung zwischen beiden Hochschulformen im Sinne einer Gleichstellung, insbesondere auch in Bezug auf die Zulassungsbedingungen, wie sie der fzs seit 1993 fordert, wäre zwar zu begrüßen. Jedoch scheint es sich hierbei vielmehr um eine Institutionalisierung der Trennung von Forschung und Lehre und eine stärkere Polarisierung zu handeln. Eine Verbesserung von Lehre bzw. Forschung ist dabei nicht zu erwarten.

Bei reinen Lehr- oder Forschungsprofessuren besteht die Gefahr, dass Forschung und Lehre immer mehr voneinander entkoppelt werden und der wechselseitige Austausch nicht mehr stattfinden kann. Lehrprofessuren sind problematisch in Hinblick auf das unattraktivere Angebot für Studierende und die sinkende Qualität einer Lehre, die keinen unmittelbaren Bezug zur Forschung hat. Der Deutsche Hochschulverband kommt daher zu dem Schluss: „Nur eine Lehre, die sich ständig aus der Forschung erneuert, ist universitäre Lehre. In personeller Hinsicht bedeutet dies, dass im Grundsatz jeder in der Universität Lehrende zugleich auch Forscher sein muss.“ Lehre, die die Lehrenden mit der eigenen Forschung verknüpfen ist aktueller und praxisrelevanter. Lehrprofessuren sind außerdem abzulehnen in Hinblick auf die Qualifizierungsmöglichkeiten der Lehrenden in Anbetracht des hohen Stellenwerts von Forschung als Kriterium für eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere. Professuren erster und zweiter Klasse würden geschaffen. Es käme zu einer Schlechterstellung derjenigen Professuren, denen die Möglichkeit genommen wird, zu lehren und zu forschen. Das Humboldtsche Bildungsideal würde zum Luxus, nicht zum Normalfall. Die Lehrprofessuren, denen die Forschung an der Hochschule nicht oder nur in sehr geringem Umfang möglich ist, werden abgewertet. Schon jetzt ist das Lehrdeputat von Fachhochschul¬professorInnen bereits höher als das der UniversitätsprofessorInnen. Die Lehre wird so leicht als Last empfunden. Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Präsident der Kultusministerkonferenz mahnte dies 2007 an: „Wo stets von Lehrverpflichtung, aber von Forschungsfreiheit gesprochen wird, ist ein Bewusstseinswandel gerade auch zugunsten der Lehre notwendig.“ Mit Lehrprofessuren würde die ungünstige Relation von Lehre und Forschung nun auch an Universitäten eingeführt. Dies wird sich auch in einer geringeren Entlohnung niederschlagen. Es steht auch zu befürchten, dass aufgrund der starken Unterrepräsentation von Frauen auf ProfessorInnen-Ebene und der Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern die neuen Lehrprofessuren sich als klassische Frauenprofessur herauskristallisieren werden, im Gegensatz zu „normalen“, besser bezahlten und ausgestatteten Professuren.

Auch Forschungsprofessuren an Fachhochschulen, die abgekoppelt vom normalen Lehrbetrieb eingerichtet werden sollen, sind abzulehnen. Eine Integration in den universitären Alltag bei einem Schwerpunkt auf der Forschung ist schwer umsetzbar. Fachhochschulen sind keine Forschungsinstitute, an denen ForscherInnen losgelöst forschen, sondern es handelt sich um Bildungseinrichtungen, daher muss ein Bezug zu den Studierenden hergestellt werden.

Anstatt eine Trennung von Forschung und Lehre in diesen neuen Personalkategorien zu institutionalisieren, sollten Probleme, die damit vermeintlich gelöst werden können, sinnvoll angegangen werden.

Daher fordert der fzs:

  • Keine Untertunnelung des „Studierendenberges“ durch Lehrpofessuren!

Der steigende Bedarf an Studienplätzen und damit auch an Lehre und Forschung kann nicht durch Lehrprofessuren gedeckt werden. Wenn es zeitweise – für Jahre oder Jahrzehnte – einen Mehrbedarf gibt, müssen Stellenpläne und die finanzielle Grundausstattung der Hochschulen entsprechend angepasst werden. Es handelt sich um einen quantitativen Bedarf, bei dem vorübergehend flexibel reagiert werden muss, es besteht jedoch keine Notwendigkeit, langfristige Stellen mit einem eingeschränkten Profil zu schaffen.

  • Qualitative Verbesserung von Forschung und Lehre!

Lehrprofessuren können nicht als Maßnahme zur Qualitätsverbesserung der Lehre an Universitäten verstanden werden, da solch einseitig ausgerichtete Professuren nicht geeignet sind, hochwertige and aktuelle Lehre anzubieten. Qualitative Defizite müssen reflektiert werden. Der Lehranteil von Professuren nach bisherigem Konzept muss verbessert werden. Eine kontinuierliche und systematische Evaluation mit maßgeblicher Beteiligung der Studierenden bei allen Schritten muss umgesetzt bzw. ausgebaut werden.

  • Hochschuldidaktische Weiterbildung flächendeckend einführen!

Die hochschuldidaktische Aus- und Weiterbildung der Dozierenden muss gestärkt werden und sollte verpflichtend werden. Die Qualifikation Dozierender darf sich nicht allein an Forschungserfolgen und Publikationslisten messen. ProfessorInnen müssen vielmehr in der Lage sein, ihr Fach umfassend und didaktisch sinnvoll in der Lehre zu vermitteln. Die Qualität der Lehre muss gleichermaßen als Kriterium bei Berufungen und Verstetigungen von Stellen herangezogen werden, hierbei sind z. B. Studierendenbefragungen oder Probevorträge möglich und sinnvoll.

  • Gleichberechtigung von Fachhochschulen und Universitäten!

Mehr finanzielle und personelle Förderung der Forschung an allen Hochschulen ist notwendig, um die bestehenden Benachteiligungen der Studierenden wie auch der Lehrenden bspw. an den Fachhochschulen aufzuheben. Vor diesem Hintergrund ist eine Trennung von Fachhochschulen und Universitäten weiterhin abzulehnen.

  • Beibehaltung der Einheit von Forschung und Lehre!

Eine Ausgliederung der Forschung aus dem Lehrbetrieb ist abzulehnen – sei es an Fachhochschulen oder im Bachelor im Allgemeinen, aber auch durch die generelle Unterfinanzierung der Forschung oder die Einführung einseitiger Lehr- und Forschungsprofessuren.

Studentische Forschung

Spricht man von Forschung an den deutschen Hochschulen, so wird damit unweigerlich das Bild eines forschenden Professors (selten einer Professorin) assoziiert, dem ggf. eine gewisse Anzahl an wissenschaftlichen MitarbeiterInnen zuarbeiten. Die Ausübung forschender Tätigkeiten wird somit nur der Klasse der ProfessorInnen wirklich zugetraut. Jedoch sind selbst nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil Bverfg. 1973) nicht nur ProfessorInnen, sondern ebenso wissenschaftliche MitarbeiterInnen und Studierende „Subjekte“ und nicht bloße „Objekte der Forschung“.

Die Einbindung von Studierenden in die Forschung ist hierzulande bestenfalls als Scheinbeteiligung zu benennen. Allenfalls ein paar studentische Hilfskräfte werden in Forschungsprojekte eingebunden für Tätigkeiten, die weniger forschenden als administrativen Charakter haben. Dabei gäbe es gute Gründe für eine stärkere Beteiligung der Studierenden an der Forschung – sowohl für die Verbreiterung der Forschungslandschaft und -ergebnisse als auch für die persönliche Entwicklung der Studierenden.

Es ist unbestritten, dass Forschung von einer breiten Beteiligung und unterschiedlichen Ansätzen profitiert. Somit ist stets eine Einbindung möglichst vieler Spektren in einen solchen Prozess zu befürworten. Dazu gehört aber nicht nur eine Scheinbeteiligung studentischer Hilfskräfte in Forschungsprozesse, bei denen ProfessorInnen die Ausrichtung entscheiden und die Studierenden ausführende Organe einfachster Tätigkeiten sind, sondern vielmehr das Ermöglichen eigener studentischer Forschungsprojekte.

Für die Studierenden bietet die Möglichkeit, eigene Forschungsprojekte im Rahmen ihres Studiums durchzuführen, enorme Vorteile: Sie bekommen dadurch die Chance, ihre Kenntnisse anzuwenden, und durch die Forschung auch die Möglichkeit, die Umsetzbarkeit des Erlernten zu reflektieren. Aber auch die organisatorischen Fähigkeiten, ein eigenes Forschungsprojekt durchzuführen, sind nicht zu unterschätzen. Schließlich würden die innerhalb der Forschung gewonnen Erkenntnisse im Regelfall zu höherer Motivation der Studierenden und zu neuen Anreizen, sich mit gewissen Aspekten der Materie intensiver zu beschäftigen, führen.

Studierende bereits früh in Forschung einzubinden, macht auch vor dem Hintergrund Sinn, dass diese Studierende später für eine wissenschaftliche Laufbahn vorbereitet sind und nicht nach ihrem Abschluss erstmalig mit der Forschung in Berührung kommen.

Wenn man nun diese Auffassungen teilt, dass Studierende bereits in die Forschung eingebunden werden sollen, bleibt noch die Frage der Umsetzung offen. Hierfür sind einige grundlegende Voraussetzungen notwendig, um erfolgreiche studentische Forschung zu gewährleisten:

Daher fordert der fzs:

  • Studentische Forschung muss unabhängig sein!

Es darf kein von ProfessorInnen besetztes Gremium die Studierenden bevormunden, zu welchen Themen geforscht werden darf und zu welchen nicht. Stattdessen ist ein rein mit Studierenden besetzter Auswahlausschuss einzurichten, der die Verteilung der Mittel auf die Forschungsprojekte übernimmt.

  • Für studentische Forschung müssen zusätzliche öffentliche Geldmittel zur Verfügung gestellt werden!

Um den Studierenden zu ermöglichen, selbständig forschen zu können, ist es notwendig, diese Forschungsprojekte durch die öffentliche Hand auszufinanzieren. Dazu könnte ein Sonderprogramm des Bundes mit Unterstützung der Länder ein guter Auftakt sein, um die studentische Forschung an vielen Hochschulen zu ermöglichen.

  • Studentische Forschung muss als Leistung anerkannt werden!

Studentische Forschungsprojekte, die über ein oder zwei Semester andauern, müssen als Studienleistungen anerkannt werden. Nur so kann eine ausreichende Beteiligung der Studierenden an den Forschungsprojekten sowie eine Akzeptanz studentischer Forschung innerhalb der Hochschule sichergestellt werden.

  • Studentische Forschung auch innerhalb der neuen Studiengänge!

Auch im Rahmen von Bachelor- und Masterstudiengängen muss es möglich sein, dass sich Studierende über mehrere Semester mit einem Forschungsvorhaben auseinandersetzen. Hier ist es vor allem notwendig, dass die Anwesenheitspflichten und Prüfungslast in allen Studiengängen zurückgefahren wird, so dass es zeitlich möglich ist, dass sich die Studierenden den Forschungsprojekten widmen.

Promovieren in der Bundesrepublik

Bis dato existieren keine aussagekräftigen statistischen Erhebungen darüber, wie viele Menschen promovieren, welche kulturellen und sozialen Hintergründe sie haben oder wie hoch die AbbrecherInnenquote ist. Genaue Zahlen über den Anteil von Frauen und Männern gibt es ebenfalls nicht. Ohne eine solche Zahlenbasis ist es schwer, bedarfsgerechte (und angemessene) Lösungskonzepte für die Probleme der Promovierenden zu entwickeln.

Um zu einer Promotion zugelassen zu werden bzw. um sich auf eine Promotionsstelle, ein Stipendium oder einen Platz in einem Graduiertenkolleg zu bewerben, bedarf es oftmals eines Exposés, dessen Ausarbeitung in etwa ein halbes Jahr in Anspruch nimmt. Mit dem Abschluss des Studiums verlieren Studierende allerdings ihren Anspruch auf staatliche Studienfinanzierung, v.a. durch BAföG. Selbiges gilt für Stipendien und ähnliche Fördermaßnahmen durch Dritte. Sofern die angehenden PromovendInnen nicht eine Anstellung an einer Hochschule haben, sind sie finanziell auf sich allein gestellt.

Der größte Teil der Promovierenden hat eine Anstellung als wissenschaftliche MitarbeiterInnen an einer Hochschule. So es sich hierbei um Vollstellen handelt und der Promotion entsprechender Raum eingeräumt wird, erhalten sie eine bedarfsdeckende Promotionsfinanzierung. In jüngerer Vergangenheit ist dies leider immer seltener der Fall. Stattdessen werden halbe Stellen, gar Viertelstellen ausgeschrieben und (folglich auch) vergeben. Die betroffenen sind auf Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen oder müssen zusätzlich arbeiten, wobei sie wertvolle Promotionszeit verlieren. Dies diskriminiert ökonomisch schlechter gestellte Menschen.

Im Gegenzug leisten die PromovendInnen unverzichtbare Arbeit im wissenschaftlichen Betrieb. Sie sammeln wichtige Erfahrungen in Lehre und Forschung. Gleichzeitig werden Promovierende oftmals derart durch ihre Tätigkeit an den Instituten beansprucht werden, dass sie ihren Promotionen kaum noch nachkommen können. Außerdem knüpfen sie karrierefördernde Netzwerke, ohne die ein Bestehen in der Wissenschaft kaum möglich ist. Dabei profitieren sie einerseits vom engen Kontakt zu den Doktormüttern/Doktorvätern, andererseits sind sie stark von deren Wohlwollen abhängig.

Momentan ist ein Rückgang von wissenschaftlichen MitarbeiterInnenstellen in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu beobachten. Gründe hierfür sind zum einen die Profilbildungen vieler Hochschulen in den Bereichen Ingenieurswissenschaften, Naturwissenschaften, Life-Sciences, die zum anderen einhergehen mit der zunehmenden Bewertung wissenschaftlicher Erkenntnis nach deren Verwertbarkeit (durch [hochschul-]politische Akteure).

Ein wesentlich geringer Anteil der Promovierenden wird von einem der staatlich geförderten „Begabtenförderwerke“ durch ein Stipendium gefördert. Der Vorteil der Stipendien liegt auf der Hand. Die Geförderten sind generell neben ihrer Promotion zu keiner Arbeit verpflichtet. Allerdings ist die Anzahl der Stipendienplätze sehr gering. Maßstab für die Förderung sind zum einen Leistungskriterien, zum anderen schreiben die Förderwerke ihre Stipendien nach bestimmten wissenschaftlichen Profilen aus. Insofern ist „Begabtenförderung“ in einem gewissen Maße auch Elitenbildung.

Ein großes Problem der StipendiantInnen besteht indes darin, dass sie eben nicht an den Instituten tätig sind. Sie gelten in der Regel als Hochschulexterne, werden entsprechend weniger von ihren Doktormüttern/Doktorvätern betreut bzw. gefördert. Hinzu kommt, dass StipendiatInnen keine Beiträge an die Gesetzliche Rentenversicherung abführen können, womit sie im Alter erheblich schlechter gestellt sind. An dieser Stelle besteht ein geschlechterspezifisches Problem, da Frauen überdurchschnittlich oft mit einem Stipendium promovieren. Daher sind Fördermaßnahmen nötig, damit perspektivisch mehr Frauen MitarbeiterInnenstellen einnehmen.

Vor diesem Hintergrund sollten der Bund und die Länder ihre bisherige Finanzierungspraxis der Förderwerke überdenken.

Den wesentlichen Unterschied zu den bisherigen Promotionswegen stellen die „Studienprogramme“ der Graduiertenkollegs dar. Die PromovendInnen absolvieren Pflichtveranstaltungen, die zum Teil neuartige Lehrangebote darstellen, insbesondere in Hochschuldidaktik. Dadurch wird die Promotion in das verschulte System von Bachelor und Master eingefasst. Auf der anderen Seite ist die Betreuungssituation in den Programmen – oftmals auf Kosten der Lehre im grundständigen Bereich – sehr gut. In aller Regel erhalten sie eine Promotionsfinanzierung.

Die Entstehung von elitären Graduiertenkollegs anstelle der Schaffung möglichst vieler ausfinanzierter Promotionsstellen ist eine grundsätzlich falsche Entwicklung. Der fzs begrüßt die neuen Lehrangebote und Förderprogramme für Promovierende. Diese können allerdings nur dann der Allgemeinheit zu gute kommen, wenn sie Zugang dazu hat!

Die größten Schwierigkeiten haben Menschen, die ohne Stipendium und ohne Anstellung an einer Hochschule unabhängig promovieren. Sie sind bei der Finanzierung ihrer Promotion auf sich selbst gestellt, d.h. sie gehen in aller Regel fachfremder Erwerbsarbeit nach und werden dabei als Hochschulexterne betrachtet und entsprechend weniger gefördert. Perspektivisch gibt es für dieses Problem nur eine wirkliche Lösung: Es müssen genug Promotionsstellen an Hochschulen geschaffen werden für alle Menschen, die eine Promotion anstreben!

Der rechtliche Status der Promovierenden ist ungeklärt. Je nach Art der Promotion werden sie mal wie Studierende, mal wie Berufstätige behandelt. Dies hat unmittelbare Auswirkungen unter anderem auf die Modalitäten für Renten- und Krankenversicherung. Es wird nicht möglich sein, einen Status für alle Promovierenden zu schaffen, der den zum Teil konträren Bedürfnissen der verschiedenen Promotionsarten gerecht wird. Stattdessen sollte es den PromovendInnen freigestellt sein, ihren Status selbst zu wählen. Eine solche Lösung sollte auch den unabhängig Promovierenden gerecht werden und berücksichtigen, dass auch aus einer Berufstätigkeit heraus Promotionen entstehen und entstehen sollen.

An einigen Hochschulstandorten wird erwogen, Promotionsstipendien aus Studiengebühren zu finanzieren. Damit ist ein neues Maß an schamloser Zweckentfremdung von Studiengebühren erreicht. Promotionsstipendien haben nicht im Entferntesten etwas mit Lehre zu tun. Derartige Entwicklungen bedeuten einen weiteren Rückzug des Staates und sind daher ein Argument für die Abschaffung von Studiengebühren. Der fzs lehnt Promotionsstipendien aus Studiengebühren entschieden ab!

Daher fordert der fzs:

  • Der fzs fordert die Schaffung von ausreichend Promotionsstellen an den Hochschulen für alle Promotionswilligen, in allen Fachbereichen!
  • Der fzs fordert das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die verantwortlichen Ministerien der Länder dazu auf, regelmäßige statistische Erhebungen über die Situation der Promovierenden durchzuführen. Insbesondere soll erhoben werden:
  • Die Anzahl von Menschen, die in der BRD promovieren,
  • der Anteil von Frauen in der Promotion,
  • die sozialen Hintergründe der PromovendInnenen,
  • die Quoten derjenigen, die eine Promotion abbrechen
  • Der fzs fordert eine bundeseinheitliche staatliche Förderung von Promotions-Exposés.
  • Der fzs fordert ein bundesweites gesetzliches Verbot der Ausschreibung von Promotionsstellen, die keine bedarfsdeckende Promotionsfinanzierung gewährleisten.
  • Die tariflichen Arbeitszeitregelungen müssen eingehalten werden!
  • Der fzs fordert deshalb das Recht der Promovierenden, ihren rechtlichen Status als wissenschaftlich Beschäftigte oder als Studierende frei zu wählen. Kein Promovierender soll mehr als regulär erwerbstätig geführt werden!
  • Der fzs fordert, dass Promotionsstipendien nicht aus Studiengebühren finanziert werden.

Forschungspolitik – Ein Fazit

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anette Schavan, schreibt im Vorwort des Bundesberichts Forschung und Innovation 2008: „Deutschlands wichtigste Ressourcen sind der Ideenreichtum und die Talente seiner Menschen.“ Eine durchaus richtige Analyse. Die Maßnahmen, die dieser Erkenntnis entspringen, gehen jedoch vielfach in die falsche Richtung.

So sind beispielsweise die Kriterien, die an Forschungsförderung angelegt werden, größtenteils solche, die eine zeitnahe und ökonomische Verwertbarkeit als wahrscheinlich erwarten lassen . Das soll natürlich nicht heißen, dass aus Forschung keine verwertbaren Ergebnisse erwachsen sollen. Ganz im Gegenteil sollte Forschung immer den allgemeinen Wohlstand und die Weiterentwicklung der gesamten Gesellschaft zum Ziel haben. Doch eine reine Orientierung am herrschenden Zeitgeist, der oftmals schnellen Nutzen als Maßstab anwendet, kann kein sinnvolles Kriterium darstellen.

Doch genau in diese Richtung entwickelt sich die Forschungspolitik des Bundes und vieler Landesregierungen zur Zeit. So suggerieren verfehlte Finanzierungsmodelle wie die Exzellenzinitiative oder auch die Hightech-Strategie oder übergeordnete Vergabemechanismen nach Leistungs- und Outputkriterien einen vermeintlichen gesellschaftlichen Mehrnutzen an Forschung, wenn die Breitenförderung zu Gunsten einer elitären Spitzenförderung einiger „gesellschaftsrelevanter“ Fächer aufgegeben wird.

Doch nicht nur in Finanzfragen sind verfehlte Reformen zu beobachten. So findet eine Abkehr vom Humboldtschen Bildungsideal statt, was eine immer stärkere Trennung von Forschung und Lehre bedingt. Die Folge einer solchen Trennung sind verschulte, forschungsferne Studiengänge, wie sie bereits im Bachelor-Studium zum Standard geworden sind.

Doch auch vor der BA/MA-Umstellung wurden Studierende nur selten in Forschung einbezogen. So übernehmen studentische Hilfskräfte in der Regel keine forschungsrelevanten Aufgaben wenn sie an einem Projekt beteiligt werden.

Einzig in der Förderung von Frauen in der Wissenschaft ist ein, wenn auch sehr kleiner, Schritt in die richtige Richtung zu erkennen. So stellt das BMBF Gelder für die Einrichtung von bundesweit 200 „Vorgriffsprofessuren“ bereit, die durch Wissenschaftlerinnen besetzt werden sollen. Doch allein die Größenordnung zeigt: Die 200 „Vorgriffsprofessuren“ sind nichts weiter als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Sollten die besagten „wichtigste[n] Ressourcen“ auch in Zukunft ihre Relevanz für die Entwicklung der Gesellschaft zu behaupten in der Lage sein, muss sich vieles ändern. Einige dieser essenziellen Änderungen sind den vorangestellten Teilbereichen in Form von Forderungen zu entnehmen. Wieder andere, so z.B. der gesamte Bereich der Forschungsethik, bedürfen grundlegender Diskussionen.

Hinweis: Diese Fassung enthält aus technischen Gründen derzeit keine Fußnoten und Anmerkungen. Diese sind in dem pdf-Dokument in der Anlage ausgewiesen.