Die fzs Mitgliederversammlung stellt mit Sorge fest, dass laut Medienberichten das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aktuell drastische Kürzungen bei der Vergabe von Forschungsförderung vornimmt. Davon betroffen sind unter anderem Projekte, die bereits gefördert wurden und nun nicht abgeschlossen werden können, bei anderen Projekten hat sich die Mittelbewilligung so sehr verzögert, dass Mitarbeiter*innen bereits andere Stellen suchen mussten und selbst bei bewilligten Geldern der Abschluss fraglich ist. Betroffen sind die Förderlinien Kulturelle Vielfalt und kulturelles Erbe und BioTip/GlobalTip (zu ökologischen und klimatischen Kipppunkten) die beide in noch unbekanntem Rahmen Kürzungen unterliegen, sowie die Förderlinien Innovative Frauen im Fokus, Aktuelle und historische Dynamiken von Rechtsextremismus und Rassismus und Gesellschaftliche Auswirkungen der Corona-Krise, bei denen Bewilligungen mindestens sehr verspätet zu erwarten sind.
Derartige Kürzungen und Einschränkungen sind eine ernstzunehmende Gefahr auf die Wissenschaftsfreiheit. Sie limitieren die Forschungsmöglichkeiten der beteiligten Wissenschaftler*innen und bedrohen die Wissenschaftler*innen, die über projektgebundene befristete Stellen angestellt sind, existenziell.
Es ist darüber hinaus besonders alarmierend, dass in der aktuellen gesellschaftlichen und ökologischen Situation ausgerechnet Forschungslinien zur extremen Rechten, der Klimakrise und den Folgen der andauernden Pandemie betroffen sind. Wir befürchten, dass nicht nur finanzpolitische, sondern auch inhaltliche Überlegungen bezüglich der politischen Linie des BMBF diese Kürzungen begründen. Dies lehnen wir strikt ab.
Der fzs spricht sich gegen ein Verständnis von Wissenschaft als on-demand Produkt aus, dass in der Äußerung des BMBF zum Ausdruck kommt, „Schwerpunktsetzungen hin zu Forschungsaktivitäten, die einen schnellen Impact erzeugen“ zu veranlassen. Wissenschaft darf nicht Verwertungslogiken unterliegen, insbesondere ökonomischen. Für eine freie Wissenschaft ist es unabdingbar, dass Forschung ohne erkennbaren unmittelbaren Mehrwert möglich ist. Qualitativ hochwertige Forschung ist ein Wert an sich. Es entbehrt darüber hinaus nicht einer gewissen Absurdität, dass das BMBF dringend benötigte Forschung zu ökologischen Kipppunkten mit dieser Begründung sabotiert.
Es zeigt sich wiederholt, dass Drittmittel jeder Art, auch aus der öffentlichen Hand, keine nachhaltige Finanzierungsmöglichkeit für Lehre und Forschung sind. Der fzs bestärkt daher seine Forderung, öffentliche Hochschulen und Forschungsinstitute kostendeckend und verlässlich aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren.
Der fzs stellt ebenfalls mit Sorge fest, dass das Auswärtige Amt (AA) das Budget des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) deutlich verringert, bereits in diesem Jahr um 7,7 Millionen Euro. Dies steht entgegen der Vereinbarung des Koalitionsvertrag, die dem DAAD analog zum Bund-Länder Pakt Forschung und Innovation einen jährlichen Zuwachs von 3% zusichert. Der DAAD leistet außerordentlich wichtige Arbeit für die Internationalisierung von Lehre und Forschung, insbesondere durch die Vergabe von Stipendien. Diese Stipendien ermöglichen Studierenden und Wissenschaftler*innen erst, Studium bzw. Forschung in Deutschland oder im Ausland wahrzunehmen. Durch die Kürzung verhindert das Auswärtige Amt laut DAAD Schätzung bis zu 6000 Stipendien. Damit wird Studienmobilität und Forschungsaustausch eingeschränkt und noch weiter auf privilegierte Personen begrenzt, die kein Stipendium benötigen.
Die Bundesregierung erschwert mit diesen Haushaltsentscheidungen Wissenschaft und internationalen Austausch und verschlechtert die Chancengerechtigkeit in Studium und Wissenschaft weiter. Dies geschieht im Namen der als verantwortliche Finanzpolitik dargestellten Rückkehr zu Schuldenbremse. Der fzs sieht darin im Gegenteil verantwortungslose Bildungs- und Wissenschaftspolitik und fordert die Bundesregierung und den Bundestag auf, die Kürzungen zurückzunehmen und Wissenschaft und Mobilität in Forschung und Studium solide zu finanzieren. Das gilt auch für die Kürzungen bei der Alexander von Humboldt Stiftung.
Konkret bedeutet das:
- Alle Forschungslinien müssen wie bisher angekündigt weiter finanziert werden.
- Die Mittel des DAAD müssen um mindestens 3% steigen und auf keinen Fall unter Vorjahresniveau fallen.
- Die Forschungsförderung muss in verstetigte Mittel überführt werden, statt in unsicheren Projektmitteln angelegt zu sein.